Wir Erben – Erben ist ein Tabu. Genaue Zahlen über die Höhe der weitergereichten Summen sind kaum zu ermitteln. Die Autorin Julia Friedrichs schätzt in ihrem Buch, dass in Deutschland pro Jahr 250 Milliarden Euro vererbt werden. Im kommenden Jahrzehnt könnten es insgesamt rund drei Billionen Euro sein. Viele Bundesbürger, darunter fast alle Ostdeutschen, erben allerdings so gut wie nichts. Nach einer aktuellen Studie konzentrieren sich drei Viertel des Privatvermögens bei den reichsten zehn Prozent der Bevölkerung.

In spannend zu lesenden Porträts beschreibt Friedrichs die Parallelgesellschaft einer wachsenden Minderheit, die auf Einkünfte aus Erwerbsarbeit nicht mehr angewiesen ist. Die Autorin hatte große Schwierigkeiten, Gesprächspartner zu finden: Vor allem die Nachkommen großer Unternehmer verweigerten sich fast vollständig.

Der Staat hat die soziale Polarisierung kräftig gefördert. Erst setzte er die Vermögenssteuer aus, seit sechs Jahren gelten zudem großzügige Freibeträge bei Erbschaften. Selbst millionenschwere Unternehmen, verniedlichend als "kleine Familienbetriebe" bezeichnet, können ohne Abgabe an die nächste Generation übertragen werden. Arbeit und Konsum sind dagegen hoch belastet: Vor allem Menschen, die ihr Leben aus eigener Anstrengung bestreiten, zahlen für die Gemeinschaft.

Friedrichs sprach auch mit Politikern im Bundestag, stieß aber auf wenig Bereitschaft zur Veränderung. Firmenerben sollen künftig etwas weniger bevorzugt werden, weil das Verfassungsgericht interveniert hat. Doch ein spürbarer Ausgleich zwischen Arm und Reich durch "Steuern" ist dort kein ernsthaft diskutiertes Thema.

Thomas Gesterkamp

Julia Friedrichs: Wir Erben. Was Geld mit Menschen macht, Berlin Verlag, 320 Seiten, 19,99 €, ISBN 978-3827012098


Die Energiewende – Schon vor der Fukushima-Katastrophe 2011 hatte Deutschland durch die Ökosteuer und vor allem das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) eine internationale Voreiterrolle beim Ausbau erneuerbarer Energien übernommen. Das EEG gilt heute als Dreh- und Angelpunkt der Energiewende. Das Prinzip: Produzenten von erneuerbarer Energie werden gefördert, während Verbraucher die Kosten tragen müssen. Hierdurch wurde die regenerative Energieerzeugung massiv vorangebracht. Inzwischen ist sie zu einem Viertel grün. Gegner der Energiewende verweisen allerdings auf zu hohe Kosten für Verbraucher.

Bislang gab es hierzu kaum belastbare Fakten. Diese Lücke haben die beiden Wirtschaftswissenschaftler Bontrup und Marquart nun geschlossen. Nach ihren Berechnungen hat das EEG bislang nicht einmal 90 Milliarden Euro gekostet, also lediglich rund drei Prozent der momentanen Wirtschaftsleistung. Angesichts der Bedeutung der Energiewende für diese und vor allem kommende Generationen erscheint dieser Beitrag keineswegs zu hoch. Allerdings hapert es an der Gerechtigkeit, unter anderem, weil Unternehmen umfassend ausgenommen sind, arme Haushalte aber unverhältnismäßig stark belastet werden. Allein wegen dieses Gerechtigkeitsproblems sehen die Autoren dringenden politischen Handlungsbedarf. Die umfassende und fundierte Analyse zeigt auf, in welche Richtung es gehen muss.

Norbert Reuter

Heinz-J. Bontrup / Ralf-M. Marquardt: Die Energiewende. Verteilungskonflikte, Kosten und Folgen, Papyrossa-Verlag, Köln, 185 Seiten, 18 €, ISBN 978-3894385743