6500 Streikende am 20. April in Offenbach. Wenn das kein Zeichen ist

"Natürlich", sagt Jeanette Peter, "war ich Anfang April bei den Streiks im Sozial- und Erziehungsdienst dabei. Und ich werde das auch künftig sein." Aufgerufen waren die Beschäftigten der Kommunen in diesen Bereichen in ganz Hessen. Und Tausende kamen. Weil es um die Neubewertung der sozialen und erzieherischen Berufe geht. Und die ist dringend notwendig. Zum Beispiel Jeanette Peter: Sie ist bei der Stadt Hanau seit sechs Jahren als Erzieherin im Schulkindbereich angestellt, macht ihre Arbeit gern, findet sie aufregend. Im Stadtteil, in dem ihre Einrichtung liegt, leben überwiegend Familien mit Migrationshintergrund. Das bedeutet: zusätzliche Sprachförderung für die Kinder und Überwindung von Sprachbarrieren zu den Eltern.

Überall hat sich das soziale Gefüge verändert und stellt neue Anforderungen an die Beschäftigten, die nun auch entsprechend tariflich eingruppiert werden sollen. "Traditionelle Familienstrukturen sind nur noch selten zu finden, und häufig fehlen Kindern Bezugspersonen und damit Stabilität, wenn beispielsweise Kontakt nur zu einem Elternteil besteht. Der Hort als zusätzliches soziales Netz kann dabei hilfreich sein, dass die Kinder entstandene Verunsicherungen besser verarbeiten können", sagt Jeanette Peter. Da gilt es, die kleinen Persönlichkeiten zu stärken.

Von der Familienbegleitung ist die Entwicklung über die familienergänzende bis zur annähernd familienersetzenden Anforderung gegangen. Hinzu kommt die Hausaufgabenbetreuung. Hier sieht sich Jeanette Peter unterschiedlichen Erwartungen gegenüber. Zuerst die Kinder: Die wünschen sich unbeschwerte Freizeit und eine Erledigung von Hausaufgaben, die sich nicht wie eine Fortsetzung der Schulstunden anfühlt. Die Eltern wollen eine kompetente Vorbereitung auf die weitere Schullaufbahn. Die Schule erwartet eine möglichst perfekte Ausführung der Hausaufgaben. Dem allem gerecht zu werden - da könnte sich die Erzieherin manchmal zerreißen und muss dennoch den professionellen Kopf bewahren. Und dann sind da noch die bürokratischen Anforderungen wie Berichte, Protokolle des Tagesablaufs und vieles mehr. Wenn die kommunalen Arbeitgeber das alles nicht einschätzen können, müssen sie mit Streiks zur Vernunft gebracht werden. Die gewerkschaftliche Vertrauensfrau hat einen langen Atem. Und ihre Kolleg/innen ebenfalls. reb