"Mindestlohn ein historischer Erfolg"

Der neu gewählte Landesbezirksvorstand

"Gute Dienstleistungen im 21. Jahrhundert" - unter diesem Motto stand die 4. ordentliche ver.di-Landesbezirkskonferenz in Bremen. Ihre Themen: Dienstleistungspolitik, Gute Arbeit und Verteilungsgerechtigkeit. Die 130 Delegierten aus Niedersachsen und Bremen absolvierten ein Mammutprogramm und fassten 140 Beschlüsse.

Der Bremer Europaabgeordnete Joachim Schuster, SPD, forderte in seinem Grußwort, bei geplanten Freihandelsabkommen der EU die öffentliche Daseinsvorsorge auszuklammern. Aus seiner Sicht sei ein Handelsabkommen ohne sozial-, arbeits- und umweltrechtliche Standards nicht vorstellbar. Zum Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) stellte Schuster fest, dass dieses Abkommen derzeit nicht zustimmungsfähig sei. Private Schiedsgerichte zum Schutz von Investoren dürfe es nicht geben: "Dafür treten wir als SPD-Fraktion im Europäischen Parlament ein."

"Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns ist ein historischer Erfolg der deutschen Gewerkschaftsbewegung", betonte der ver.di-Bundesvorsitzende Frank Bsirske in seiner Grundsatzrede. Vor allem ver.di und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hätten zu diesem Erfolg beigetragen. In der neuen Kampagne von Arbeitgebern und CSU gegen den Mindestlohn sieht Bsirske "eine neue Angriffswelle für weitere Deregulierungen auf dem Arbeitsmarkt". ver.di halte dem entgegen, dass Arbeit nicht arm machen und entwürdigen dürfe.

Reiche und Vermögende stärker heranziehen

Zur nachhaltigen Finanzierung öffentlicher Dienstleistungen und notwendiger Investitionen in die Infrastruktur in Deutschland forderte Bsirske eine andere Steuer- und Finanzpolitik von der Bundespolitik: "Deutschland darf nicht mehr länger eine Steueroase sein. Reiche und Vermögende müssen stärker zur Finanzierung öffentlicher Dienste herangezogen werden." Der ver.di-Vorsitzende warnte die öffentliche Hand davor, weiter auf sogenannte PPP-Projekte, also auf private Finanzierungen zu setzen. Sie seien schiere Verschwendung zu Lasten der Allgemeinheit. Zudem forderte Bsirske die vollständige Rekommunalisierung der Bremer Müllabfuhr und Straßenreinigung bereits bis zum Jahr 2018.

Die ver.di-Landesbezirkskonferenz forderte die Abgeordneten des Europäischen Parlaments und die Bundes- und Landespolitiker aus Niedersachsen und Bremen auf, sich vorrangig u. a. für diese Ziele einzusetzen:

  • Aussetzen der Verhandlungen über TTIP, CETA und TiSA, um Mindeststandards und Transparenz zu vereinbaren;
  • Entwicklung von Initiativen, um die Einhaltung des Mindestlohns durchzusetzen und zu kontrollieren, bis der Zoll die vom Bund zugesagten 1 600 Personalstellen erhält;
  • Reform der Landespersonalvertretungsgesetze für mehr Mitbestimmung, zum Beispiel die Einrichtung von Wirtschaftsausschüssen analog zum Betriebsverfassungsgesetz;
  • Erhöhung der Einnahmen im Bund und in den Ländern durch die Wiedereinführung einer grundgesetzkonformen Vermögenssteuer und eine Reform der Erbschaftssteuer, Einführung einer Vermögensabgabe für Millionäre und Milliardäre, einer Börsenumsatzsteuer sowie einer Reform von Umsatz- und Unternehmenssteuern.

Renate Sindt neue Vorsitzende des Landesvorstands

Wiedergewählt: Die Landesbezirkskonferenz hat ver.di-Landesleiter Detlef Ahting (Foto), 53, sowie seine beiden Stellvertreterinnen Sonja Brüggemeier, 44, und Susanne Kremer, 55, in ihren hauptamtlichen Funktionen für vier weitere Jahre bestätigt. Der Dipl.-Sozialwissenschaftler Ahting erhielt 88,7 Prozent der Stimmen. Die Juristin Brüggemeier wurde mit 80,5 Prozent wiedergewählt, die frühere Dozentin Kremer mit 82,9 Prozent.

Die Delegierten bestimmten außerdem 40 Mitglieder des ehrenamtlichen Landesbezirksvorstands, der seinerseits Renate Sindt (Foto) zur neuen Vorsitzenden wählte. Die 58-jährige Betriebsratsvorsitzende im Klinikum Bremerhaven (Reinkenheide) tritt die Nachfolge von Jürgen Hohmann aus Hannover an, der aus dem Gremium ausgeschieden ist. Sindt war seit September 2010 bereits Vorsitzende des ver.di-Bezirksvorstands Bremen-Nordniedersachsen. Seit Januar 2015 vertritt sie ver.di im Vorstand der Arbeitnehmerkammer Bremen. Detlef Ahting gratulierte als einer der ersten mit einem Blumenstrauß.