Die Bundesregierung hat angekündigt, einen Entwurf des Pflegestärkungsgesetzes II vorzulegen. Ein Kernpunkt soll die Umsetzung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs sein. Denn Expert/innen sind sich längst darüber einig, dass das bisherige System der Pflegeversicherung nicht mehr zeitgemäß ist. Seine drei Pflegestufen sind allein auf körperliche Einschränkungen ausgelegt.

Allerdings wächst die Zahl an Menschen, die unter psychischen Erkrankungen wie Demenz leiden. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft geht davon aus, dass die Zahl der Erkrankten von derzeit 1,5 Millionen bis zum Jahr 2050 auf rund 3 Millionen ansteigen wird. Daher macht sich ver.di bereits seit vielen Jahren für eine Änderung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs stark. 2006 wurde dazu beim Gesundheitsministerium ein Beirat eingerichtet. 2012 zählte ver.di zu den Mitbegründer/innen des Bündnisses für gute Pflege, das die Situation der Pflegebedürftigen und der Pflegenden verbessern will. Ende Mai hat es in Berlin eine Tagung zur Umsetzung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs abgehalten.

Erhalt der Lebensqualität

Fest steht, dass die bisherigen drei Pflegestufen durch fünf Bedarfsgrade ersetzt werden sollen. Sie sollen auch den Erhalt der Lebensqualität der Erkrankten stärker berücksichtigen. Will man niemanden durch das neue System schlechter stellen, sind pro Jahr mindestens 3,6 Milliarden Euro an Mehrkosten erforderlich, schätzt ver.di-Pflegeexperte Herbert Weisbrod-Frey. Doch für das Pflegestärkungsgesetz II sind bislang nur 2,4 Milliarden Euro jährlich veranschlagt. Die Differenz müssten die Pflegebedürftigen selbst zahlen. Auch deshalb habe ver.di in einem Gutachten ein Modell für eine finanzierbare Pflegevollversicherung berechnen lassen, durch die bessere Leistungen als bisher geplant abgedeckt werden können.

Hinzu kommt, dass mit dem Pflegestärkungsgesetz I, das seit Januar in Kraft ist, 1,2 Milliarden Euro pro Jahr für eine Demografiereserve zurückgestellt werden. "Das Geld brauchen wir jetzt", sagt Weisbrod-Frey und fordert die Bundesregierung auf, die Reserve aufzulösen. Stattdessen solle die Summe in die Ausbildung gesteckt werden, denn mit dem Anstieg der Zahl an Pflegebedürftigen steige auch der Bedarf an Fachkräften weiter an. Darüber hinaus sei ein bundeseinheitliches Personalbemessungsverfahren dringend notwendig. Schon heute klagen viele Pflegekräfte über die enorme Arbeitsverdichtung. In den nächsten Wochen wird ver.di ein weiteres Gutachten vorlegen, diesmal zu Personalbemessung in der Pflege.

hla

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Personalnot in der Krankenpflege

In den Krankenhäusern fehlen derzeit nach einem Gutachten, das ver.di in Auftrag gegeben hat, 162 000 Vollzeitstellen. Um diese Zahl sichtbar zu machen, plant ver.di am 24. Juni zur Mittagszeit eine bundesweite Protestkette vor zahlreichen Krankenhäusern.

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