Ausgabe 04/2015
Geleistete Arbeit muss auch bezahlt werden
Berlin-Brandenburg - Wer im rot-rot-regierten Brandenburg als Arbeitgeber seinen Beschäftigten "weniger zahlt als den vorgeschriebenen Mindestlohn, muss nicht zwingend mit Strafe rechnen", meldete Anfang Juni die Mitteldeutsche Zeitung. In der Einführungsphase des Mindestlohngesetzes arbeite die für die Kontrolle zuständige Zollverwaltung eher nach dem Prinzip "Aufklärung geht vor Ahndung", zitierte die Zeitung Finanzminister Christian Görke (Die Linke). Der Zoll berücksichtige, dass Arbeitnehmern und Arbeitgebern die neuen Regelungen nicht immer vollständig bekannt seien und Unsicherheiten bei der Auslegung des Gesetzes bestünden, so Görke. Verstöße gegen das Gesetz dürften ohnehin erst seit März 2015 geahndet werden.
"Schön und gut", kommentiert Nina Lepsius, Pressesprecherin des DGB-Bezirks Berlin-Brandenburg, allmählich aber werde es doch Zeit, dass auch in Brandenburg Verstöße gegen das Mindestlohngesetz konsequent geahndet werden. In der Mark und in der Bundeshauptstadt verstärkten nämlich Berichte über Arbeitsverdichtung und unbezahlte Mehrarbeit in einigen Branchen den Eindruck, dass sich hier eine bestimmte Strategie des Lohndumpings verbreite - etwa in der Gebäudereinigung, der Zeitungs- und der Paketzustellung. Die Vorsitzende des DGB-Bezirks Berlin-Brandenburg, Doro Zinke, kritisiert: "Hier reißt offenbar eine Masche ein, mit der Beschäftigte um die geleistete Arbeitszeit und einen Teil ihres Lohns betrogen werden." Dabei bezahlten Arbeitgeber nicht die tatsächlich geleistete Arbeitszeit, sondern setzten eine fiktive Stundenzahl fest, die etwa für die Reinigung einer Büroetage oder die Zustellung einer Anzahl von Paketen nötig sei. Diese Praxis führe zu großer Arbeitsverdichtung und zu Stress, und es komme so zu regelmäßiger unbezahlter Mehrarbeit, die einem Arbeitszeitbetrug durch den Arbeitgeber gleichkomme. "Damit wird dann de facto auch der gesetzliche oder tarifliche Mindestlohn unterlaufen", so Zinke. Und: "Unabhängig von den Dokumentationspflichten gilt: Geleistete Arbeit muss bezahlt werden."
hem/pm