Handel I - Gleich in der ersten Verhandlungsrunde über tarifliche Gehaltserhöhungen für die 350.000 Beschäftigten im niedersächsischen und bremischen Einzelhandel haben die Arbeitgeber ein Angebot vorgelegt: Nach einem Nullmonat soll es 1,5 Prozent mehr Entgelt geben. Die Laufzeit des neuen Tarifvertrages soll 21 Monate betragen - für ver.di-Verhandlungsführerin Sabine Gatz ist das alles "völlig unzureichend". Wer die Beschäftigten "mit lediglich 22 Cent mehr pro Stunde abspeisen will, der hat offenbar kein Verständnis für die finanzielle Lage des eigenen Personals", sagt sie. In einer Beschäftigtenbefragung hatten 44 Prozent angegeben, dass ihr Arbeitseinkommen nicht ausreiche. 51 Prozent erklärten, dass sie mit ihrem Einkommen "gerade so" über die Runden kämen. Von 42 Prozent kam ein klares "Nein" zu der Frage, ob sie ihr Einkommen im Blick auf ihre Arbeitsleistung für angemessen halten. 43 Prozent antworteten darauf mit "eher nein".


Einen Euro mehr pro Stunde

ver.di fordert für alle Beschäftigten einen Euro mehr pro Stunde beziehungsweise 163 Euro monatlich. Um prekäre Beschäftigung und Verdrängung zu bekämpfen, will ver.di die Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge für die Branche durchsetzen. Mit Aktionen hatten Beschäftigte unter anderem von Kaufhof, H&M, Ikea und Kaufland die heiße Phase eröffnet. Kolleg/innen der Billigkette Primark nahmen erstmals an einem Warnstreik teil: Im Schnitt erhalten sie deutlich weniger Stundenlohn als Tarifbeschäftigte. Die Beschäftigten von Toys'R'us und New Yorker beteiligten sich ebenfalls an den Aktionen, sie wollen nicht länger für Mindestlohn schuften. Auch in der zweiten Runde blieben die Arbeitgeber stur. Prompt reagierten 800 Beschäftigte in Hannover, Braunschweig und Bremen mit Streiks. Die Verhandlungen sollen am 22. Juli fortgesetzt werden.


Groß- und Außenhandel: Mehr Arbeit - wenig Geld?

Handel II - Der Tarifkonflikt im niedersächsischen Großhandel weitet sich aus: Auch in der dritten Verhandlungsrunde in Hannover gab es kein neues Angebot. "Die Arbeitgeber treten auf der Stelle", kritisiert ver.di-Verhandlungsführerin Sabine Gatz. "Die Beschäftigten erwarten ein ernsthaftes Angebot und kein Wegducken." Das Angebot für die rund 110.000 Beschäftigten im niedersächsischen Groß- und Außenhandel sieht eine Lohnsteigerung um 2,0 Prozent in diesem und weitere 1,5 Prozent im nächsten Jahr vor - bei einer Laufzeit des neuen Tarifvertrags von 24 Monaten. Zusätzlich soll die Arbeitszeit an Heiligabend und Silvester sowie an Samstagen ausgeweitet werden. Einer Arbeitszeitverlängerung sowie einem Wegfall der Samstagszuschläge erteilte ver.di eine deutliche Absage.

Die Belegschaft der Metro war mit einer Streikbeteiligung von 75 Prozent in den Ausstand getreten. Auch die Beschäftigten der Pharmagroßhändler Sanacorp und Phönix in Hannover beteiligten sich an Aktionen. "Jedes Jahr legen die Beschäftigten noch eine Schippe drauf. Die Produktivität steigt, aber die Bezahlung hält nicht mit", sagt Sabine Gatz. Die Unterschiede bei den Lohngruppen seien zu groß. Die Differenz zwischen den Geringverdienern und den höchsten Gruppen im Großhandel betrage mehr als 2000 Euro brutto. "Nur die Anhebung um einen Festbetrag für alle Beschäftigten kann eine weitere Spaltung verhindern." Die Arbeit im Groß- und Außenhandel sei körperlich teils äußerst belastend, die Forderung nach verschlechterten Arbeitsbedingungen daher völlig unverständlich. Bei Redaktionsschluss lag noch kein Ergebnis vor.