Proteste im Einzelhandel sorgen in Hannover für Aufsehen

Nach dem Abbruch der Tarifverhandlungen seitens der Arbeitgeber sind auch in Niedersachsen und Bremen die Fronten im Einzelhandel verhärtet. Während verbitterte Beschäftigte mit Protesten und Warnstreiks reagierten, blockieren die Arbeitgeber seit Monaten weitere Gespräche. Jetzt steht ihnen ein unruhiger Herbst mit spontanen Aktionen ins Haus.

Streiks müssen weh tun

Ausgewählte Filialen von Modeketten wie H&M und New Yorker, von Einrichtungshäusern wie Ikea und Kaufhäusern wie Kaufhof waren in Hannover immer wieder mit eindrucksvollen Aktionen wütenden Belegschaften lahmgelegt worden. "Unsere Streiks müssen richtig weh tun", so hatte Streikleiterin Fuchs auch an umsatzstarken Verkaufstagen wie dem Brückentag nach dem 3. Oktober zu Arbeitsniederlegungen aufgerufen. Beschäftigte sammelten sich überraschend in einer Karstadt-Filiale, um dort Solidarität zu demonstrieren: "Dort kämpfen unsere Kolleginnen und Kollegen um eine Tarifbindung." Und sie hatten eine zentrale Einkaufsstraße Hannovers mit Liegestühlen in eine Streikmeile verwandelt.

"Wir bringen Wandel in den Handel", hieß es auf Streiktransparenten. Für die Beschäftigten haben Tarifverträge oberste Priorität, sagen sie. "Es muss geregelte Arbeitszeiten geben", fordern die überwiegend weiblichen Beschäftigten. Sonst bleibe gerade mit Blick auf die bevorstehenden verkaufsoffenen Adventssonntage keine Zeit mehr für die Familie. Ihre Arbeitswirklichkeit zwischen immer weniger Personal und immer stärker verlangter Flexibilität beschreiben sie ungeschminkt. "Wenn ich abends nach Hause komme, bin ich nur noch platt", sagt eine Betroffene.

Weg von den Flex-Verträgen

Und auch das geht aus Sicht der Beschäftigten nicht: Mehr als ein Viertel habe sogenannte 18-Stunden-Flex-Verträge. Diese Verträge garantierten 18 Stunden Arbeit in der Woche, die vom Arbeitgeber nach Bedarf aufgestockt werden können - oder auch nicht. Damit fehle den Beschäftigten ein kalkulierbares geregeltes Einkommen.

ver.di fordert, den Stundenlohn um einen Euro zu erhöhen, mindestens aber auf 8,50 Euro. "Statt eines Kahlschlags brauchen die Beschäftigten im Einzelhandel zukunftsfähige Tarifverträge, die eine Perspektive bieten und nicht geradewegs in die Altersarmut führen", so ver.di-Fachbereichsleiter Heiner Schilling. Falls die Arbeitgeber weiterhin Verhandlungen verweigern, werde es einen "heißen Herbst" durch Intensivierung der Warnstreiks geben.