Staat stiehlt sich aus der Verantwortung

Schadensersatz - Dritte haben bei einem Streik keine Schadensersatzansprüche gegen die Gewerkschaft, die rechtmäßig zu diesem Streik aufgerufen hat. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden. In dem verhandelten Fall ging es um einen Fluglotsenstreik aus dem Frühjahr 2009. Mit ihm unterstützten die Aufgerufenen Tarifverhandlungen für den Bereich Vorfeldkontrolle/ Verkehrszentrale. Aufgrund einer Verbotsverfügung des Arbeitsgerichts Frankfurt/Main musste die Gewerkschaft den Unterstützungsstreik vorzeitig abbrechen. Vier Luftverkehrsgesellschaften klagten daraufhin auf Schadensersatz für Folgekosten. Den muss die betroffene Gewerkschaft jedoch nicht zahlen, hat das BAG jetzt festgestellt. Sie wies die Revision der Klägerinnen ab.

Aktenzeichen 1 AZR 754/13


Rentenantrag - Das Job-Center kann Empfänger/innen von Arbeitslosengeld II auffordern, mit 63 einen Rentenantrag zu stellen, auch wenn Abschläge hingenommen werden müssen. Das hat das Bundessozialgericht entschieden. Es hatte die Revision eines Mannes abgewiesen, der 2012 vom Jobcenter aufgefordert worden war, Altersrente zu beantragen. Das Jobcenter hatte sich auf Paragraf 12a des Sozialgesetzbuchs II berufen. Danach wird keine Sozialhilfe gezahlt, wenn sich der Betroffene selbst helfen kann - und sei es mit einer Rente mit Abschlägen.

Aktenzeichen B 14 AS 1/15 R


Befristung - Im wissenschaftlichen Bereich sind Befristungen mittlerweile an der Tagesordnung. ver.di lehnt diese ab (siehe ver.di publik, Ausgabe 5_2015). Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen hat jetzt mit einem Urteil jedoch entschieden, dass Befristungen auch dann wirksam sind, wenn das Bundesland, das zugleich Träger der Universität ist, Geld für ein Projekt zur Verfügung stellt. In erster Instanz hatte der klagende Mathematiker noch gewonnen und sich Hoffnungen gemacht, nach 16 befristeten Verträgen in elf Jahren endlich fest angestellt zu werden. Für den DGB-Rechtsschutz birgt die vom LAG jetzt abgesegnete Konstruktion ein enormes Missbrauchspotenzial. Sie schaffe "ein weites Feld für Sachgrundbefristungen, der Staat stiehlt sich unter dem Deckmantel der von ihm selbst erlassenen Gesetze aus der Verantwortung", heißt es in einer Pressemitteilung.

Aktenzeichen Az. 2 Sa 1210/14