Ausgabe 07/2015
Frauen sind mehr wert
48% der Frauen im Gesundheits- und Sozialwesen arbeiten Teilzeit
61% der Frauen in Erziehung und Unterricht arbeiten Teilzeit
61% der Frauen im Einzelhandel arbeiten Teilzeit
Hamburg - Es ist immer noch wahr: Rund die Hälfte der Bevölkerung hat kaum eine Chance auf ein faires Entgelt in der Arbeitswelt. "Wo bleibt unser Geld?", fragen sich Millionen Frauen in Deutschland. Denn immer noch verdienen sie durchschnittlich nur 78 Prozent von dem, was Männer bekommen. Der Entgeltunterschied von 22 Prozent ist seit Jahren weitgehend unverändert. Nur in zwei Ländern der Europäischen Union, in Estland (27 Prozent) und Österreich (24 Prozent), ist die Gehaltslücke zwischen Frauen und Männern noch größer als hierzulande. Deutschland liegt mit 22 Prozent Gehaltsunterschied deutlich über dem EU-Schnitt. Trotz vieler Sonntagsreden tut sich bei der Entgeltgleichheit viel zu wenig - und viele wichtige Punkte werden nur zögerlich gemacht.
Die Entgeltlücke von 22 Prozent hat viele Gründe. Zum einen werden viele Frauen in derselben Tätigkeit tatsächlich einfach schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen. Zum anderen arbeiten Frauen wesentlich häufiger in Teilzeit als Männer und übernehmen noch immer den Löwenanteil der Erziehungs- und Pflegearbeit in der Familie - mit entsprechenden Unterbrechungen ihrer Erwerbsbiografie. Beides führt zusammengenommen zu geringeren Entgelten. Frauen sind zudem vielfach in weniger gut bezahlten Branchen und Berufen beschäftigt, und sie sind immer noch weitaus seltener in Führungspositionen zu finden als Männer.
Überdies ist auch die Mehrheit der geringfügig Beschäftigten weiblich. Das führt zu großer Abhängigkeit. Auf den Niedriglohn folgt eine niedrige Rente, und viele Frauen verdienen nicht genug, um im Alter versorgt zu sein. Diese Lücke muss endlich geschlossen werden. Klar ist auch: Die Ungleichheit beim Entgelt ist kein individuelles, sondern ein gesellschaftliches Problem. Nötig sind tiefgreifende Strukturveränderungen, die nicht nur die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen beseitigen. Beschäftigte in sozialen Berufen müssen angemessen, also besser bezahlt werden. Eine eigenständige Existenzsicherung für alle muss möglich sein. Deutschland muss gerechter werden, auch und gerade für Frauen. Alle können etwas tun. Siehe Bericht zum "Tag der Entgeltgleichheit" unten.