Ausgabe 08/2015
Ausnahmen diskriminieren
Vom gesetzlichen Mindestlohn sind bislang nur wenige Ausnahmen möglich. Sie gelten unter anderem für Langzeitarbeitslose, für junge Beschäftigte, für Praktikant/innen und Zeitungszusteller/innen. In den Augen der Gewerkschaften ist jede Ausnahme eine zu viel, denn schließlich sollen alle von der Lohnuntergrenze von 8,50 Euro pro Stunde profitieren. In den Augen der Arbeitgeber sollte es dagegen mehr Ausnahmen geben. Neueste Forderung: Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Eric Schweizer, will Geflüchtete mit Langzeitarbeitslosen gleichsetzen. Sie sollten vom Mindestlohn ausgenommen werden, zumindest für sechsmonatige "Praktika".
Lutz Göhner, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung Deutscher Arbeit- geberverbände, geht sogar noch einen Schritt weiter. Er schlägt zwölfmonatige Praktika vor, bei denen der Stundenlohn gerne unter 8,50 Euro pro Stunde liegen könne. Zuvor hatten sich auch schon mehrere Wissenschaftler/innen dafür ausgesprochen, bei Geflüchteten Ausnahmen vom Mindestlohn zuzulassen.
Aktuelle Umfrage
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) lehnt weitere Ausnahmen vom Mindestlohn ab. Sie "diskriminieren und sorgen für einen Zwei-Klassen-Arbeitsmarkt", heißt es in einer DGB-Mitteilung. Weitere Ausnahmen könnten als "Einfallstor zur Aushebelung des Mindestlohns" genutzt werden.
Nach einer neuen Ifo-Umfrage in deutschen Unternehmen sehen deren Vertreter/innen die Geflüchteten meist allenfalls als Hilfskräfte. Nur 41 Prozent von ihnen räumen ihnen bestenfalls Chancen als ungelernte Hilfskräfte ein, 59 Prozent sehen auch dafür nur geringe Chancen. 78 Prozent der Firmen können sich nicht vorstellen, sie als Facharbeiter/innen einzustellen. Als größte Probleme gelten laut Umfrage mangende Sprachkenntnisse und das angeblich zu geringe Qualifikationsniveau. hla