Der eine hat es lieber etwas kühler zu Hause, der andere etwas wärmer, weil das Neugeborene nicht frieren soll. In der dritten Wohnung sorgt eine veraltete Heizungsanlage für höhere Heizkosten. Dennoch möchte die Bundesregierung die Kosten für Miete, Betriebskosten und Heizung zusammenfassen und dafür eine sogenannte Gesamtangemessenheitsgrenze einführen. Das geht aus einem Referentenentwurf hervor, den das Bundessozialministerium zu Änderungen im Sozialgesetzbuch II, also den Bereich der Grundsicherung, vorgelegt hat.

Der Bundeserwerbslosenausschuss von ver.di befürchtet, dass steigende Heiz- und hohe Mietkosten dazu führen, dass immer mehr Langzeiterwerbslose höhere Zuzahlungen leisten müssen, falls der Entwurf so verabschiedet wird. Auch ein Urteil des Bundessozialgerichts zur notwendigen Übernahme von Heizkosten werde damit ignoriert. Der Berliner Sozialrichter Udo Geiger äußert sich kritisch zu einer Pauschalierung. "Es gibt keinen Weg, einen abstrakten Angemessenheitswert für das Heizen, unabhängig vom konkreten Zustand der Wohnung und der Heizanlage zu bestimmen", schreibt er in einem Handbuch zu den Kosten der Unterkunft.

Die Ministerin ist eingeknickt

Der Referentenentwurf sieht außerdem Verschärfungen bei den Sanktionen vor, insbesondere für Leistungsempfänger/innen unter 25 Jahren. Dabei hatte Bundessozialministerin Andrea Nahles, SPD, zuvor noch das Gegenteil versprochen. Die Regelungen sollten zudem vom Alter unabhängig werden. Die Ministerin sei "gegenüber ihrem Koalitionspartner eingeknickt", kritisieren die Erwerbslosen in ver.di in einer Erklärung.

Anfang kommenden Jahres steigen die Regelsätze für das Arbeitslosengeld II. Allerdings ist die Erhöhung kaum spürbar. Alleinstehende bekommen dann ganze fünf Euro mehr im Monat, also 404 statt bislang 399 Euro. Paare erhalten pro Person 364 statt 360 Euro. Basis für die Berechnung des neuen Regelbedarfs ist eine mittlerweile sieben Jahre alte Einkommens- und Verbraucherstichprobe aus dem Jahr 2008.

Der Bundeserwerbslosenausschuss von ver.di kritisiert diese Berechnungsbasis. Denn als das Kabinett Ende September über die Anhebung entschied, hatte das Statistische Bundesamt bereits die Einkommens- und Verbraucherstichprobe für das Jahr 2013 veröffentlicht. "Die Bundesregierung hat nach dem Gesetz die Pflicht, neu zu ermitteln, welcher Geldbetrag notwendig ist, um das Existenzminimum von Grundsicherungsberechtigten zu gewährleisten", heißt es in einer Erklärung des Ausschusses. Auch der Bundesrat hätte vor seiner Zustimmung im Oktober noch eingreifen und die Berücksichtigung der neuen Stichprobe fordern können.

Zudem sei bei der Neufestsetzung ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Juli 2014 nicht berücksichtigt worden. Danach soll die Entwicklung der Strompreise zeitnah abgebildet werden. Außerdem hatte das Gericht vorgegeben, den Regelsatz für größere Anschaffung flexibler zu gestalten.