Die jungen Beschäftigten bei Goodgame Studios (GGS) wollen vor allem eines: Neues entwickeln. Wie schnell jedoch aus Goodgames Badgames werden können, das haben 28 junge Beschäftigte beim derzeit größten deutschen Spieleentwickler erfahren: Sie erhielten zeitgleich die Kündigung. Goodgame hat sie offenbar aus einem Grund entlassen. Sie haben sich mit der Gründung eines Betriebsrats befasst. Die Firma selbst spricht von Entlassungen wegen vorhandener "Leistungsdefizite".

Wer zum ersten Mal ins Reich der Goodgame Studios mit mehr als 1.200 Angestellten aus 60 Nationen eintritt, wird sich ein "Wow" schwer verkneifen können. Schwimmbad für die Mitarbeiter, Gratismüsli am Morgen und Freibier am Abend. Doch obgleich die beiden Unternehmer mit Pool und Partys für die Mitarbeiter werben, hatten sich zuletzt etliche Beschäftigte mit ihrer Situation am Arbeitsplatz unzufrieden gezeigt. Um künftig nicht mehr mit niedrigen Gehältern und lediglich 24 Tagen Urlaub abgespeist zu werden, wollten sie sich zusammenschließen und gemeinsam für ihre Rechte einsetzen. Nach Angaben der Beschäftigten wurden sie immer wieder mit Vesprechungen gelockt, die nicht eingelöst wurden.

Freibier statt Arbeitsrecht?

"Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht." - diesen Satz hört man in der Branche immer wieder. Ideen und innovative Technologien sind eng verzahnt. Da geht es jungen Menschen zu Berufsbeginn erst einmal nicht um ein optimales Arbeitsmodell, sondern um die Möglichkeit, Neues auszuprobieren und zu verwirklichen. Sie suchen den Austausch und vernetzen sich auch über Unternehmensgrenzen hinweg mit anderen Akteuren der Branche. Computerspieler sind nicht länger eine kleine Minderheit, die einem seltsamen Hobby nachgehen. Mit rund 2,6 Milliarden Euro Umsatz ist Deutschland der größte Markt für Spiele in Europa. 2014 legte der deutsche Markt nach Informationen des Bundesverbandes Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) erneut um elf Prozent zu.

Doch Freibier und Partys ersetzen keine Mitbestimmung, sagt Gewerkschaftssekretärin Gabriele Weinrich-Borg. Wenn jungen Beschäftigten das Wissen um Mitbestimmungsrechte und wirtschaftliche Zusammenhänge nicht vermittelt wird, kommen am Ende schlecht bezahlte Beschäftigte auf den Markt, die abhängig sind von jenen, die an den Leistungen der Beschäftigen gut verdienen. Gleiches Geld für gleiche Arbeit gibt es bei Goodgame nicht. Jede/r verhandelt sein Gehalt selbst. Aber gerade in einer jungen Branche muss den Beschäftigten klar sein, dass sie ohne Betriebsrat bei wichtigen Anliegen wie Arbeitszeiten oder Kündigungen nicht mitreden können. Nur ein Betriebsrat hat gesetzlich garantierte Mitbestimmungsrechte, so Weinrich-Borg.

In der rechtlichen Auseinandersetzung über die Kündigungen bei Goodgame, die jetzt läuft, dürfte das Unternehmen es schwer haben. Denn die Arbeitsgerichte sehen bei Entlassungsgründen wie "Leistungsdefiziten" eher die Vorgesetzten in der Pflicht und wollen echte Nachweise sehen, etwa schriftliche Abmahnungen.

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