Ausgabe 02/2016
Das Wohnen muss bezahlbar sein
Jährlich fallen etwa 450 Sozialwohnungen in Stuttgart aus der Mietpreisbindung heraus - diese Zahl nannte Professor Tilman Harlander, ehemals Lehrstuhlinhaber an der Fakultät für Architektur der Universität Stuttgart und heute noch Mitglied im Bauausschuß der Stadt, bei einer ver.di-Veranstaltung. Die Zahl der neu gebauten Sozialwohnungen hält damit bei weitem nicht Schritt - in der Konsequenz verschärft sich die Wohnraumsituation der Stadt seit Jahren.
Vor allem für Menschen mit niedrigeren bis mittleren Einkommen wird es immer schwerer, eine bezahlbare Wohnung zu finden. 50.000 Familien haben Anspruch auf eine Sozialwohnung, dem stehen aber nur etwa 16.000 Sozialwohnungen gegenüber (2002 waren es noch über 18.000). Eine der Konsequenzen: Die Mieten schnellen in die Höhe. Stuttgart wechselt sich über die letzten Jahre hinweg mit Frankfurt/Main ab im Ranking der teuersten Städte in Deutschland: München liegt ganz vorne, Stuttgart mal auf demzweiten, mal auf dem dritten Platz.
Der Wohnungsmarkt ist ein Objekt für Spekulanten. Zunehmend drängen auch internationale Hedgefonds hinein. Die seien nur an möglichst hohen Renditen interessiert, also an sehr teurem Wohnraum, etwa solchen Wohnprojekten der Luxusklasse wie der "Cloud N° 7" oder dem "Rosenberg", sagte Harlander und nannte es die "Flucht ins ,Betongold' angesichts der niedrigen Zinsen".
Die öffentlichen, auch städtischen, Investitionen für bezahlbare Wohnungen sind unzureichend. Auch die Politik der Stuttgarter Wohnbaugesellschaft SWSG ist nicht an den Mietern und dem Bau günstigen Wohnraums orientiert, sondern an der Gewinnerwirtschaftung. Das Wohnungsthema brennt auch vielen Gewerkschaftsmitgliedern auf den Nägeln. ver.di wird es daher verstärkt aufgreifen, in Zusammenarbeit mit dem DGB und den Interessenorganisationen der Mieter.