ver.di-Sekretärin Manuela Schaar im Gespräch mit dem Dresdner AWO-Betriebsrat Johannes Herrmann

Mit der jüngsten Pflegereform, dem Pflegestärkungsgesetz II, soll nach Plänen der Bundesregierung ein bundesweit einheitliches Personalbemessungsverfahren für die stationäre Altenpflege ab 2020 entwickelt und erprobt werden. Das wird erhebliche Veränderungen mit sich bringen und ist auch eine Chance für die Arbeitnehmervertretungen in den Pflegeeinrichtungen, ihre Kolleginnen und Kollegen zu motivieren, bei den Neuverhandlungen ihre Sichtweisen und Forderungen einzubringen.

Denn die Träger der Pflegeeinrichtungen, die Sozialhilfeträger und die Pflegekassen prüfen jetzt auch Personalstruktur und -schlüssel der jeweiligen Heime, korrigieren sie gegebenenfalls und vereinbaren neue Pflegesätze. Auch die Überführung der bisherigen drei Pflegestufen in fünf Pflegegrade muss vorbereitet werden.

Bundeseinheitliche Verfahren als Ziel

Wie aus Arbeitnehmersicht damit konkret umgegangen werden soll, diskutieren die haupt- und ehrenamtlichen ver.di-Aktiven im Fachbereich Gesundheitswesen und den Einrichtungen, auch mit den Betriebs- und Personalräten. Sie wollen mit ihren Bedürfnissen noch stärker in die Öffentlichkeit gehen. "Die Bürger haben ein offenes Ohr für Pflegeprobleme. Sie wollen natürlich für ihre Angehörigen eine gute Pflege, und dazu gehört unbedingt ein angemessener Personalschlüssel", weiß Johannes Herrmann, Betriebsratsvorsitzender bei der AWO in Dresden. "Wir wollen in dieser Phase mitdiskutieren und die politischen Entscheidungsträger überzeugen, bei den anstehenden Regelungen frei von Ideologie zu entscheiden und die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte und die Personalbemessung deutlich zu verbessern." Herrmann gehört zu den aktiven Betriebsräten, er moderiert den "Runden Tisch Pflege" in Dresden und ist Mitglied in der Enquete-Kommission "Sicherstellung der Versorgung und Weiterentwicklung der Qualität in der Pflege älterer Menschen im Freistaat Sachsen". Er will seine Kolleg/innen überzeugen, aktiv zu werden, selbst in Erscheinung zu treten und für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen. "Wir müssen die Situation jetzt nutzen, wo vieles neu verhandelt wird", sagt der Gewerkschafter.

Ein wesentlicher - aber vor allem kein neuer - Streitpunkt ist die Einführung eines bundeseinheitlichen Verfahrens zur Personalbemessung. Gegen die Praxis von 16 föderalen Lösungen und dagegen, dass gar die Pflegeeinrichtungen vor Ort ihren Personalbedarf allein festlegen, wendet sich Bernd Becker, der zuständige ver.di-Landesbezirksfachbereichsleiter. Er fordert die Anbieter von Pflegedienstleistungen auf, ihre jeweilige Personalzusammensetzung zu veröffentlichen. Das erleichtere Angehörigen auf jeden Fall die Suche nach geeigneten Pflegeplätzen.

Mehr Transparenz bei der Personalstärke

Bernd Becker fasst die Positionen so zusammen: "Ideal im Sinne von Verbrauchertransparenz wäre ein einheitliches Personalbemessungsverfahren, dass für alle Einrichtungen und Dienste bundeseinheitlich nach wissenschaftlich objektivierten Kriterien regelt, wie viele Beschäftigte mit welcher Qualifikation für wie viele Pflegebedürftige mit definierten Pflegebedarfen eingesetzt werden müssen, damit eine individuell sachgerechte und hochwertige Pflege zustandekommt."

In den nächsten Wochen sucht der ver.di-Landesbezirksfachbereich Gesundheitswesen noch stärker den Dialog mit Landespolitik und Presse, um die genannten Forderungen zu diskutieren. Aber auch betriebliche Interessenvertretungen können für mehr Transparenz in puncto Personaldecke mitwirken: Im Pflegenavigator der AOK (www.pflegeheim-navigator.de) ist unter "Weitere Leistungsangebote und Strukturdaten" entweder die Beschäftigtenzahl angegeben - oder auch nicht. In letzterem Fall sollten Betriebs- und Personalräte beim Arbeitgeber nachhaken. Wenn es gelingt, ihn zu einer Selbstauskunft zu bewegen, bitte eine kurze Erfolgsnachricht an bernd.becker@verdi.de senden.