Die Stadtverkehr Pforzheim (SVP) GmbH wird abgewickelt, knapp 250 Beschäftigten droht zum Jahresende der Verlust ihrer Arbeitsplätze. Das hat der Gemeinderat Mitte März beschlossen.

Hintergrund ist, dass bei der Ausschreibung von örtlichen Buslinien die Bahn-Tochter Regionalbusverkehr Südwest (RVS) mit einem eigenwirtschaftlichen Angebot den Zuschlag bekommen hat (ver.di publik 2_2016). Eine Änderung des Personenbeförderungsgesetzes räumt diesen Angeboten, die ohne öffentliche Zuschüsse auskommen, den Vorrang ein. Und da sie nicht als öffentliche Aufträge gelten, zählen bei der Vergabe weder die Einhaltung von Tarifverträgen und sozialen Standards noch Tariftreuegesetze. Bei der RVS sind die Gehälter rund 400 Euro niedriger als bei der Bahn, außerdem hat die Gesellschaft angekündigt, bei diesem Auftrag auch mit Subunternehmen zusammenarbeiten zu wollen.

Urabstimmung angesetzt

ver.di kämpft gemeinsam mit den Beschäftigten der SVP um deren Zukunft. Unter anderem verhandelt sie mit der SVP-Geschäftsführung über einen Sozialtarifvertrag. Da die Gespräche nur zäh vorankommen, will ver.di ihre Mitglieder unter den Beschäftigten zu einer Urabstimmung aufrufen. Kurzfristig angesetzte Streiks hatten bereits in den vergangenen Wochen den Verkehr in der Stadt stark beeinträchtigt.

Enttäuscht sind die Beschäftigten von der Stadt Pforzheim. Sie übergibt bereits Ende des Jahres alle Buslinien an die RVS und nicht nur die ausgeschriebenen. Ohne diese Entscheidung wäre die SVP noch einige Zeit länger gebraucht worden.

In Hildesheim droht einer weiteren kommunalen Verkehrsgesellschaft das Aus. Im Rahmen einer Direktvergabe wollte die Stadt den Auftrag für den Öffentlichen Personennahverkehr bei der Stadtverkehr Hildesheim (SVHi) GmbH belassen. Jetzt liegen bei der Landesverkehrsgesellschaft Niedersachsen zwei eigenwirtschaftliche Anträge vor, einer von der Bahn-Tochter DB Regio Bus Nord, einer von der SVHi. "Das ist die einzige Chance, im Geschäft zu bleiben", sagt der Geschäftsführer des zuständigen ver.di-Bezirks Hannover/ Leine-Weser, Harald Memenga.

Doch die Geschäftsführung der SVHi habe angekündigt, die Gehälter der Beschäftigten um bis zu 35 Prozent absenken zu müssen, um den Auftrag eigenwirtschaftlich erfüllen zu können, sagt Memenga. Das wolle sie mit der Kürzung von Tabellenlöhnen, dem Verzicht auf Urlaub, längeren Arbeitszeiten und der Streichung von Zuschlägen sowie von Urlaubs- und Weihnachtsgeld erreichen. "Wir verhandeln nur über Löhne, wenn es einen Ausgleich gibt", sagt Memenga. Allein die Kosten, die auf Personalseite bei einer Abwicklung der SVHi entstünden, berechnet er mit 25 Millionen Euro. Die Belegschaft sei kämpferisch.

Nicht nur in Niedersachsen und Baden-Württemberg versucht ver.di, auch politische Entscheidungsträger/innen auf ihre Seite zu bekommen, sondern auch auf Bundesebene. ver.di-Bundesvorstandsmitglied Christine Behle kritisierte, dass ein Staatskonzern wie die Deutsche Bahn sich daran beteilige, kommunale Verkehrsunternehmen zu vernichten.

ver.di fordert eine Änderung des Personenbeförderungsgesetzes, damit eigenwirtschaftliche Anträge in Zukunft nicht per se bevorzugt werden - zu Lasten der Beschäftigten. Auch der Deutsche Städtetag hat Ende Februar Bund und Länder aufgefordert, das Gesetz auf den Prüfstand zu stellen. Sie sehen in der derzeit geltenden Form einen "deutlichen Widerspruch zur Verantwortung der Aufgabenträger zur Daseinsvorsorge".

hla