"Du gehst mit ihnen zum LAGESO. Dort sagt ihr: Arbeiten, Deutsche Post. Das LAGESO schreibt dann einen Brief mit einer Anforderung." Der Weg sei geebnet. In einfachen Worten antwortet Selahattin Turap dem Syrer Zamir Alassakir auf die Frage, wie andere Syrer, die er kenne, auch Arbeit finden könnten. "Arbeit ist gut,auch nicht zu schwer. Nur muss ich besser Deutsch sprechen", sagt Zamir, der schon bei der Post arbeitet. Der 35-Jährige aus Damaskus ist seit mehr als eineinhalb Jahren in Berlin. Kürzlich hat er mit einem Bekannten eine Wohnung am Berliner Kleistpark bezogen, kam so raus aus der Flüchtlingsunterkunft. Und er verdient endlich eigenes Geld, wenig, aber immerhin, denkt er.

So einfach lief es im vergangenen Herbst noch nicht. Turap, Vorsitzender des Landesmigrationsausschusses und Betriebsrat bei der Briefniederlassung Berlin-Tempelhof der Deutschen Post, zählte Eins und Eins zusammen: Als Gewerkschafter wollte er Geflüchteten helfen, sich schneller zu integrieren. Als Betriebsrat hatte er ein Schreiben des Post-Vorstands aus Bonn gelesen, in dem der anbot, Flüchtlinge über Praktika und befristete Beschäftigung in Arbeit zu bringen. Nur: Woher sollte er die Interessenten nehmen?

Turap wandte sich an Flüchtlingsunterkünfte, in denen er zum Frauentag schon Decken verschenkt und mit Bewohnern gesprochen hatte. Suada Dolovac, die Leiterin für Soziale Dienste für fünf Berliner Heime mit etwa 1.000 Flüchtlingen, wurde seine Mitstreiterin. Sie habe zunächst einzelne Flüchtlinge angesprochen. "Es müssen ja Leute sein, die als Asylbewerber anerkannt sind und eine Arbeitserlaubnis haben", sagt Dolovac. Gemeinsam kam man auf die Idee, Rundgänge im Briefzentrum zu organisieren und den Teilnehmern zu zeigen, welche Tätigkeiten sie dort erwarten. Zwei solcher Führungen gab es im vergangenen Herbst. "Etliche lehnten ab. Sie seien Akademiker, das sei nichts für sie. Auch Frauen konnten wir leider nicht gewinnen", sagt Turap. Ein wenig frustriert habe ihn das schon, sagt er, der selbst aus der Türkei stammt, aber seit 40 Jahren hier lebt und als Briefzusteller arbeitet. Einige Interessenten meldeten sich aber doch.

Das ist ein Anfang

Inzwischen haben 15 junge Männer im Briefzentrum Berlin sechswöchige Praktika durchlaufen. Bezahlung gab es dafür nicht, nur Fahrgeld und Arbeitsschutzkleidung wurden gestellt. "Das ist ein Anfang", sagt der Betriebsrat. Er habe "auch Verständnis für den Arbeitgeber". Die Post wolle schließlich wissen, "wen sie sich da in den Betrieb holt", ob die neuen Leute pünktlich sind und lernen wollen. Auf den Syrer Zamir Alassakir und seinen Kollegen traf das zu, sie bestanden auch ein Vorstellungsgespräch. Als erste Asylbewerber erhielten sie im Frühjahr einen bis August befristeten Arbeitsplatz an der Sortieranlage, bekommen jetzt deutlich mehr als den Mindestlohn und arbeiten 15 Stunden pro Woche. "Ich will Vollzeit", sagt Zamir. "Du musst kleine Schritte machen", entgegnet Selahattin Turap. Aber er sagt dem Syrer, der ein erfahrener Elektriker ist, auch, in Zukunft könnte er zum Technikerteam des Briefzentrums stoßen und als Betriebselektriker arbeiten. Man dürfe sich nicht entmutigen lassen, so Turap. Er selbst ist erfolgreicher Kampfsportler, der auch Turniere organisiert. In Flüchtlingsheimen wollte er Trainings anbieten. "Wir haben Probekurse gemacht, auch für Frauen. Das Interesse war groß." Doch es gehe nicht weiter, weil für Übungsleiter bisher nicht mal eine geringe Aufwandsentschädigung gezahlt werde.

Das Fazit des Gewerkschafters: "Was wir im ver.di-Migrationsausschuss und bei der Post machen, ist erst ein Tropfen auf den heißen Stein." Doch jeder könne auf seinem Gebiet etwas tun, "damit geflüchtete Menschen, die hier gestrandet sind, wirklich ankommen. Damit wir besser miteinander leben." Sein Engagement sieht er "als Weckruf". Helma Nehrlich