Großdemonstration gegen TTIP und CETA am 22. April in Hannover

ver.di hat vor einer vorläufigen Anwendung des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Kanada, kurz CETA, gewarnt. "Ein solcher Schritt würde Fakten schaffen, ohne dass demokratisch gewählte Parlamente zuvor entschieden hätten, ob sie dieses Abkommen überhaupt wollen", warnte der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske. Das wäre inakzeptabel und sei ein Angriff auf die demokratische Souveränität und die Rechte des Parlaments.

Die EU-Kommission will das Abkommen noch vor der Sommerpause an den Ministerrat und das EU-Parlament schicken. Wenn diese Gremien grünes Licht geben, soll das Abkommen sofort angewendet werden, bevor ein nationales Parlament zugestimmt hat.

Keine vorläufige Anwendung

CETA gilt als Blaupause für TTIP, das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA. Es soll als ein sogenanntes "gemischtes Abkommen" geschlossen werden, das sowohl Bereiche umfasst, die in die alleinige Zuständigkeit der Kommission fallen, als auch solche, über die die EU-Mitgliedsstaaten entscheiden. Mit einer vorläufigen Anwendung würden Teile des Abkommens bereits vor der Ratifizierung durch alle EU-Mitgliedsstaaten in Kraft gesetzt.

Damit könnten auch die umstrittenen Regeln zum Investorenschutz zur Anwendung gelangen, ohne dass der Deutsche Bundestag und der Bundesrat darüber abgestimmt hätten. "Der neue Ansatz für ein Internationales Investitionsgericht in CETA ist bloß ein Wolf im Schafspelz, denn er ändert nichts an dem Grundproblem von Investitions-Schiedsverfahren, nämlich den privilegierten Investorenrechten", so Bsirske.

Wie groß die Ablehnung von Freihandelsabkommen in Deutschland ist, zeigte sich Ende April in Hannover. Gewerkschaften und andere Nichtregierungsorganisationen hatten zu einer gemeinsamen Großdemo aufgerufen, Anlass war der Besuch der Hannover Messe durch den US-Präsidenten Barack Obama. 90.000 Demonstrierende setzten in der Hannoveraner Innenstadt ein klares Zeichen für einen gerechten Welthandel. Im Herbst soll es weitere Demonstrationen in verschiedenen deutschen Städten geben.

Ohne Paraguay und Uruguay

Ähnlich wie bei CETA und TTIP verhandeln derzeit die EU und 22 weitere Staaten hinter verschlossenen Türen über ein Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen, kurz TiSA. Davon würden rund 70 Prozent des weltweiten Dienstleistungsaufkommens erfasst. Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen hatten Ende Mai zum Protest in Genf aufgerufen, wo die Botschafter der TiSA-Länder tagten.

Verlangt wurde unter anderem eine vollständige Veröffentlichung der Texte des Abkommens, damit die betroffenen Menschen demokratisch entscheiden können, ob das Abkommen weiter verfolgt werden soll. Jüngst waren Uruguay und Paraguay nach starken Protesten in den jeweiligen Ländern aus den Verhandlungen ausgestiegen. "Sollte TiSA abgeschlossen werden, hätten die Regierungen so gut wie keine Macht mehr über die Definition ihrer eigenen Standards", warnte die Generalsekretärin der Internationale der Öffentlichen Dienste, zu der auch ver.di gehört, Rosa Pavanelli. So soll mit dem Abkommen auch verhindert werden, dass gescheiterte Privatisierungen wieder zurück in die öffentliche Hand gehen können. pm/hla