Streikversammlung bei der Süddeutschen Zeitung

"Ungenügend", so brachte ver.di-Verhandlungsführer Frank Werneke den Verlauf der dritten Runde der Tarifverhandlungen für die Tageszeitungsjournalist/innen auf den Punkt. Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) hatte lediglich eine Gehaltserhöhung von zwei Prozent ab 1. Mai 2016 - also nach vier Nullmonaten - für zwei Jahre angeboten. ver.di fordert für Festangestellte und Freie fünf Prozent mehr Geld und für Berufseinsteiger/innen eine Gehaltserhöhung von mindestens 200 Euro.

Die Verhandlungen wurden am 19. April zunächst ergebnislos abgebrochen. Inzwischen haben sich die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di und der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) mit dem BDZV darauf geeinigt, am 15. Juni in Düsseldorf in die vierte Runde zu gehen.

Damit sich die Tarifparteien dort auf einen Abschluss einigen, muss bei den Arbeitgebern aber noch viel passieren - was BDZV-Verhandlungsführer Georg Wallraf anders beurteilt. Er wies darauf hin, dass mit Blick auf die aktuelle Inflationsrate von 0,3 Prozent auch ein scheinbar geringeres Gehaltsplus ein echter Reallohnzuwachs sei. Maßstab für die Erhöhung sei nicht, wie von den Gewerkschaften gefordert, die Entwicklung anderer Branchen. Ausschlaggebend dürfe allein die wirtschaftliche Situation der Zeitungs- unternehmen sein.

Offensichtlich gibt es da verschiedene Sichtweisen. Während die Verleger nicht müde werden zu betonen, wie schwierig ihre Lage ist, verkündete FAZ-Herausgeber Holger Steltzner im Interview mit dem Wirtschaftsjounalist: "Wir verdienen mit der Tageszeitung gutes Geld. Ich bin überzeugt, dass es sie noch lange geben wird."

Auch Frank Werneke, stellvertretender ver.di-Vorsitzender und ver.di-Verhandlungsführer, stimmt ihm in diesem Punkt zu: "Zeitungen haben Zukunft." Doch dafür wird Qualitätsjournalismus benötigt, den die Verleger regelmäßig beschwören, während sie gleichzeitig in ihren eigenen Verlagen die Grundlagen dafür kappen. In den vergangenen 15 Jahren schrumpfte die Zahl der tarifgebundenen Redakteur/innen bundesweit um gut 2.000. ver.di spricht in der Tarifrunde von rund 14.000 Beschäftigten, für die verhandelt wird, Festangestellte und Pauschalisten, die auch tarifgebunden sind.

Immer mehr Arbeit, immer weniger Leute

"Besonders empörend ist, dass der BDZV nicht zur Kenntnis nehmen will, dass die Arbeitsbelastungen für Journalistinnen und Journalisten seit Jahren immer weiter zunehmen", sagt Peter Freitag aus der ver.di-Verhandlungskommission. "In den durch Stellenabbau personell ausgedünnten Redaktionen müssen immer weniger Kolleginnen und Kollegen immer mehr leisten: Artikel recherchieren und schreiben, fotografieren, die Online-Redaktionen bedienen, gern auch mit einem Video-Beitrag, und die Social Media-Kanäle bespielen." Trotzdem verstiegen sich die Vertreter der Arbeitgeber in den Tarifverhandlungen sogar zu der absurden Behauptung, die moderne Technik erleichtere die Arbeit der Kollegen spürbar.

Mehr Arbeit für weniger Beschäftigte wurde in den vergangenen Tarifrunden aber nicht vergütet. Stattdessen drohten die Verleger mit weiteren Einschnitten. Frank Werneke fasste dies im Interview mit der Heilbronner Stimme so zusammen: "Der Redakteursberuf ist der Beruf mit der schlechtesten Tarifentwicklung aller Berufe in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren."

Das hat nicht nur Folgen für die Beschäftigten, auch die Verlage merken inzwischen, dass sie als Arbeitgeber nicht mehr so attraktiv sind. "Dass in vielen Tageszeitungsredaktionen inzwischen deutlich weniger Bewerbungen um Volontariate eingehen, sollte den Verlagen zu denken geben", sagt Peter Freitag.

Gemeinsam mit den Druckern

Und die Wut bei den Beschäftigten steigt. In mehreren Bundesländern wurde bereits gestreikt. ver.di hat mit einer Strategie der Nadelstiche regional Redakteur/innen, Verlagsangestellte und Drucker/- innen zum Streik aufgerufen. Allein in Bayern befanden sich mehr als 1.000 Beschäftigte im Ausstand. Da es in der Tarifrunde für die Tageszeitungsredaktionen bisher mehrere ergebnislose Verhandlungen gab, haben sich die Beschäftigten mit ihren Kolleg/innen in den Druckereien zusammengetan.

Auch sie kämpfen für einen fairen Tarifabschluss, ver.di fordert auch hier fünf Prozent mehr Geld. Obwohl die Arbeitgeberverbände unterschiedlich sind, wird zum Großteil mit den gleichen Unternehmen verhandelt, denn in der Regel gehören die Tageszeitungsdruckereien den Verlagen.

Einsicht können die Arbeitgeber am 13. Juni beweisen: Dann verhandelt Frank Werneke wieder, diesmal für die Beschäftigten in den Druckereien. Auch hier liegt bisher ein für ver.di indiskutables Angebot vor: Die Beschäftigten der Druckindustrie sollen nach zwei Nullmonaten mit 1,2 Prozent ab 1. Juni 2016 abgespeist werden. Das entspräche über die Laufzeit betrachtet einer Erhöhung von nicht einmal 0,8 Prozent. Der Arbeitgeberverband der Druckindustrie hatte das als wertschätzend für die Beschäftigten bezeichnet.