ver.di befürchtet, dass Dumpinglöhne im öffentlichen Personennahverkehr zunehmen werden. Grund dafür ist eine Regelung im deutschen Personalbeförderungsgesetz, mit der europäische Vergaberichtlinien unterlaufen werden können. Danach sind eigenwirtschaftliche Anträge bevorzugt zu behandeln, also Anträge, die aussagen, dass das entsprechende Unternehmen die verlangten Dienstleistungen ohne öffentliche Zuschüsse erbringen. Wie das möglich ist bei Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge, wird außer Acht gelassen, Vorgaben zum Arbeitnehmer/innenschutz oder zur Tariftreue sind nicht relevant.

"Immer mehr Unternehmen stellen ,eigenwirtschaftliche' Anträge auf öffentliche Nahverkehrsleistungen und nutzen so eine Möglichkeit, das europäische Vergaberecht und damit alle Regelungen zum Arbeitnehmerschutz zu umgehen", sagt ver.di-Bundesvorstandsmitglied Christine Behle. Die ersten entsprechenden Anträge wurden von Töchtern der Deutschen Bahn AG in Hildesheim und Pforzheim gestellt (ver.di publik berichtete). In der baden-württembergischen Stadt wird das kommunale Nahverkehrsunternehmen zum Ende des Jahres abgewickelt, 240 Beschäftigte verlieren ihre Jobs.

"Kommunale, aber auch private tarifgebundene Verkehrsunternehmen können bei solchen eigenwirtschaftlichen Angeboten nicht mithalten", betont Behle. Die antragsstellenden Unternehmen würden deutlich niedrigere Löhne zahlen, die eine Differenz von bis zu 600 Euro brutto im Monat bedeuten. Zudem würden Subunternehmen eingesetzt, Beschäftigte nicht übernommen. Die Kommunen müssten um die Qualität und Sicherheit für die Kund/innen bangen.

Mittlerweile haben auch zahlreiche andere private Unternehmen eigenwirtschaftliche Anträge gestellt, unter anderem auf die Verkehre kommunaler Unternehmen in Leverkusen, Hamm, Gotha, Esslingen und Oldenburg.

ver.di geht damit aktuell von 1.400 Beschäftigten aus, die von Arbeitsplatzverlust bedroht sind. Im kommunalen Nahverkehr sind über 130.000 Menschen tätig. In den kommenden Jahren wird die Mehrheit der Verkehrsverträge neu vergeben. Kommunale Unternehmen sind aufgrund verhältnismäßig guter Tarifregelungen besonders gefährdet. ver.di warnt vor massiven Arbeitsplatzverlusten und einer weiteren Zunahme des Dumpingwettbewerbs.

"Der Gesetzgeber macht es Unternehmen mit guten Tarifverträgen und Arbeitsbedingungen, von denen auch die Kunden profitieren, unmöglich, am Markt zu bestehen und schränkt zudem die Entscheidungsfreiheit der Kommunen ein ", kritisiert Behle das Vorgehen. Die Bundesregierung müsse dringend das Personenbeförderungsgesetz korrigieren. red