Der Tagesspiegel, 30. Januar 2017

Matthias Kollatz-Ahnen hat ein Problem mit dem Geld. Das ist für einen Finanzpolitiker nicht ungewöhnlich, doch das Problem des Berliner Senators ist speziell: Er hat zu viel Geld. Und dieser Umstand provoziert Begehrlichkeiten. Wenn sich Gewerkschaftsvertreter [...] mit den Arbeitgebern zur zweiten Tarifrunde für den öffentlichen Dienst der Bundesländer treffen, dann legen sie ein paar Zahlen auf den Tisch, die den Arbeitgebern nicht schmecken: Im vergangen Jahr hatten die Länder einen Haushaltsüberschuss von zwei Milliarden Euro; von diesen zwei Milliarden entfielen 1,25 Milliarden auf Berlin. Mit leeren Kassen kann Kollatz-Ahnen also schlecht argumentieren, wenn er die Einkommensforderungen zu parieren versucht. Zumal die Steuereinnahmen weiter steigen. [...] Wenn fast jeder zweite Euro an Steuereinnahmen für das Personal aufgewandt wird, "dann fehlt das Geld an anderer Stelle", argumentieren die TdL-Verhandlungsführer. Das verstehen die Gewerkschaften und fordern grundsätzlich mehr Geld für den öffentlichen Dienst.


Auch ver.di ist sauer

Welt am Sonntag, 22. Januar 2017

Andrea Nahles wollte doch nur ein bisschen Frieden. In den Unternehmen, zwischen den Gewerkschaften. Vor allem aber wollte die Arbeitsministerin streiklustige Genossen wie die Lokführer und die Fluglotsen zähmen [...] Deshalb ließ die SPD-Frau das Gesetz zur Tarifeinheit ausarbeiten. Damit hat in einem Betrieb nur noch die Gewerkschaft das Sagen, die dort die Mehrheit der Leute organisiert. [...] Wenn in Deutschland gestreikt wird, dann bitte nach Plan. Leider ging der Nahles-Plan nicht auf. Denn nun sind alle sauer: die streitlustigen Mini-Gewerkschaften, aber auch die großen wie ver.di. Das Gesetz schränke das Streikrecht ein, poltert Ver.di-Chef Frank Bsirske. Er will da streiken, wo er Leute vertritt.


Argumentationshilfe

FAZ, 28. Januar 2017

Eigentlich spielt Bundesfinanziminster Wolfgang Schäuble (CDU) in Tarifrunden für den öffentlichen Dienst der Bundesländer keine Rolle, doch diesmal verdanken ihm die Gewerkschaft Verdi und der DBB Beamtenbund eine willkommene Argumentationshilfe für ihre Forderung nach kräftigen Lohnerhöhungen im Landesdienst: Nicht genug damit, dass Schäuble kurz vor Beginn der Tarifgespräche [...] in Berlin die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Thema Haushaltsüberschüsse gelenkt hat. Überdies vertritt er im Streit um deren Verwendung die Ansicht, dass es derzeit ein großes Hindernis für mehr öffentliche Investitionen gebe - den für die erforderliche Bauplanung zuständigen Landesverwaltungen fehle es an Kapazitäten, also an Fachpersonal. Tatsächlich treten Verdi und DBB in diesem Jahr mit einer Forderung an, die den Landesdienst gerade für Höherqualifizierte attraktiver machen soll.


Die wahren Spalter

Südwest Rundfunk, 31. Januar 2016

"Nein, die Ehrlichen sind nicht die Dummen. Ich will es jetzt mal politisch zuspitzen. Wir reden dauernd von den Abgehängten und so weiter. Arbeitgeber, die eine Strategie haben, wie sie unter 8,84 Euro bezahlen - ich meine, eigentlich müssten wir einen Mindestlohn von zehn Euro haben - die tragen wesentlich zur Spaltung der Gesellschaft bei. Wer für Demokratie, für unsere Kultur eintritt, der bezahlt auch die Leute vernünftig, und wer das nicht tut, der spaltet das Land und die Menschen, und das darf nicht sein."Martin Gross, Landesleiter ver.di Baden-Württemberg


ver.di zeigt Muskeln

RBB Inforadio, 31. Januar 2016

Inzwischen hat sich die Gewerkschaft von ihrem einst braven tarifpolitischen Kurs verabschiedet. Nach der Jahrtausendwende entfielen 94 Prozent aller Streiktage auf die Industrie. Doch seit 2011 zeigt Verdi wieder Muskeln: 95 Prozent der Streiktage gingen auf das Konto der Dienstleister.