Ausgabe 02/2017
Unsaubere Geschäftsführung
Unterstützer/innen vor dem Gerichtsgebäude
Seit über einem Jahr bekriegt die Klinikleitung in Ludwigsburg-Bietigheim die Betriebsrätin C: Ihr soll gekündigt werden, weil sie angeblich für den Tod einer Patientin verantwortlich sei - ein Betreuungsversagen. Dabei hat C. seit Jahren den Betreuungsnotstand durch mangelndes Personal gegenüber der Klinikleitung angezeigt. Der Fall wurde jetzt vor dem Landesarbeitsgericht verhandelt, doch der Arbeitgeber argumentiert anders. Am Dienstag, den 7. Februar wurde über den Versuch der Kündigung von der Kollegin C. durch die Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim am Landesarbeitsgericht Stuttgart verhandelt. Dank an alle Unterstützer/innen, die dabei waren oder C. anderweitig unterstützt haben.
Der Prozess hat aufzeigen können, dass die Kollegin im Klinikum viel in Bewegung gebracht hat, um die Qualität der Versorgung zu verbessern. Sie kümmerte sich im Betriebsrat darum, dass die Geschäftsführung tätig wird, wenn die Mitarbeiter überlastet sind und keine Garantie mehr für die Versorgung der Patienten übernehmen können. Sie engagierte sich als ver.di-Vertrauensfrau, um eine bessere Personalausstattung zu erwirken. Und auf ihrer eigenen Station hat sie es in die Hand genommen, dass eine höchst fahrlässige Situation beendet wurde, als über Wochen nur unsterile Scheren und Pinzetten benutzt wurden.
Der Arbeitgeber hat allerdings nach wie vor ein sehr großes Interesse, die engagierte Pflegekraft zu kündigen. Angesichts viel schwerwiegenderer Fehler und Missstände in den Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim, denen die Geschäftsführung unzureichend entgegengewirkt, sieht ver.di in dem Versuch der fristlosen Kündigung ein ungewöhnlich hartes Vorgehen, zudem ausgerechnet gegen eine Betriebsrätin. Es gibt keinen weiteren Fall im Klinikum, bei dem die Geschäftsleitung aufgrund einer Fehleinschätzung bei der Überwachung einer Patientin solche Konsequenzen veranlasst hat.
Im Prozessverlauf konnte nicht zweifelsfrei geklärt werden, ob C. überhaupt Weisungen des Arbeitgebers verletzt hat. Vielmehr stellte sich - auch durch die Befragung der Stationsleitung - heraus, dass die maschinell erfassten Messwerte immer von der Pflegekraft eigenständig geprüft und mit dem klinischen Bild abgeglichen werden müssen. Exakt das hat C. gemacht, indem sie alle äußeren Anzeichen einer zu geringen Sauerstoffsättigung ausgeschlossen hatte. Die Patientin, die am nächsten Tag gestorben war, hatte warme Extremitäten und keine Anzeichen von Verfärbungen der Lippen oder Fingernägel. Sie war zu jeder Zeit durch C. ansprechbar und antwortete adäquat und äußerte auf Nachfrage keine Atem- oder sonstige Beschwerden.
Betriebsrat getäuscht?
Zudem wurde im Prozessverlauf deutlich, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat eine andere Fassung der Begründung zur geplanten Kündigung vorgelegt hatte, als die teils abgeänderte und umfangreichere Begründung im Verfahren. Arbeitsgerichte entscheiden jedoch auf Grundlage der ursprünglichen Begründung, die, wie sich im Verfahren gezeigt hat, in etlichen Punkten nicht dem tatsächlichen Ablauf entsprechen kann. Die Urteilsverkündung ist durch das Landesarbeitsgericht auf den 23. März 2017 gelegt worden. Zuvor wird das Gericht einen Vergleichsvorschlag erarbeiten, ob einem Aufhebungsvertrag zu einem späteren Zeitpunkt in diesem Jahr beide Seiten zustimmen könnten. Der ver.di-Bezirk Stuttgart wird alle Unterstützerinnen und Unterstützer über den weiteren Verlauf des Verfahrens auf dem Laufenden halten.