Das Recht auf freie Zeit muss verteidigt werden

Marion Lühring ist Redakteurin der ver.di publik

Immer mehr Menschen klagen über Stress, ständige Erreichbarkeit und darüber, dass sie immer mehr Arbeit bewältigen müssen. Ursache ist allzu häufig Personalmangel. In deutschen Krankenhäusern beispielsweise fehlen nach ver.di-Berechnungen 162.000 Vollzeitstellen. Die sich aufopfernden Helfer und Helferinnen werden zermürbt und schließlich selbst krank. Und nicht nur dort fehlt Personal: Die Arbeitsbelastung hat für viele Menschen ein Maß erreicht, das nicht mehr ertragbar ist. Zahlreiche Befragungen belegen das, unter anderem die ver.di-Studie zu Arbeitszeit und Belastung im Dienstleistungssektor von 2016. Danach arbeiten circa 40 Prozent der dort Beschäftigten länger als 43 Stunden pro Woche, ein knappes Fünftel sogar mehr als 48 Wochenstunden.

Die Folgen von Personalmangel mussten viele schon erleiden. Zuerst fällt die Pause weg! Dann wird länger gearbeitet. Krankenhauspersonal wird aus der Freizeit zurückgeholt. Büroangestellte nehmen Arbeit mit nach Hause. Langfristig bleibt das für die Gesundheit nicht ohne Folgen. Spätestens jetzt sollten wir uns daran erinnern, dass wir all das schon einmal hatten und nicht wieder haben wollen: unmenschliche Arbeitszeiten und keine Pausen!

Früher, zu Beginn der Industrialisierung, haben die Menschen in den Fabriken 14 bis 16 Stunden ohne Pause geschuftet. Die Gewerkschaften konnten das ändern, mussten aber lange für den Acht-Stunden-Tag und verlässliche Ruhepausen kämpfen. Dieser Schutz ist gesetzlich verbrieft. Und Pause heißt Pause!

Auch gibt es keine rechtliche Grundlage, Krankenhauspersonal regelmäßig aus der Freizeit zu holen, weil Personalmangel herrscht. Unsere freie Zeit sollten wir uns nicht nehmen lassen. Sie dient der Erholung. Davon hat dann auch der Arbeitgeber etwas. So, wie es früher war, darf es nicht wieder kommen.

Interview Seite 5

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