Immer mehr Auszubildende im Friseurhandwerk schließen sich ver.di an, um endlich bessere Bedingungen in ihrem Beruf durchzusetzen. Auch Jana und Romella

Jana, 18, macht ihre Ausbildung zur Friseurin in einem Salon in Hamburg

"Friseur ist ja ein Job, der eher negativ behaftet ist oder als negativ assoziiert wird. Aber ich bin total positiv überrascht, und es macht mir von Tag zu Tag mehr Spaß. Umso mehr man kann, umso mehr man lernt, umso mehr Spaß macht der Beruf. Man muss natürlich gucken, in welchem Salon man arbeitet, wie gut man dort behandelt wird oder was man wirklich beigebracht bekommt. Nur an der Bezahlung, daran muss sich wirklich etwas ändern. Das ist zu wenig in den Ausbildungsjahren. Hier in Hamburg kann man einfach von 300 Euro nicht leben. Davon kann man sich nicht einmal ein WG-Zimmer leisten. Und dann hat man noch nicht gegessen und die Monatskarte noch nicht bezahlt. Dass man von der Ausbildungsvergütung leben kann, das ist mein Anliegen. Und auch später die Bezahlung, dass die Arbeit generell besser vergütet wird.

"Als Friseurin wird man schnell ein bisschen belächelt"

Zu diesem Thema kamen zwei sehr nette Herren zu uns Auszubildenden, die uns über die Kampagne "besser abschneiden" aufgeklärt haben, was sie damit erreichen wollen, und wie wir das mit anpacken können. Das war alles sehr auf Augenhöhe, und die haben auch verstanden, was unsere Probleme sind. Gerade als Friseurin wird man schnell ein bisschen belächelt im Sinne von ja, das bisschen Haareschneiden, das ist ja nicht so anstrengend. Aber diese beiden von ver.di, die hatten auch verstanden, wie anstrengend der Job ist und dass ein Handlungsbedarf besteht bei der Vergütung.

Ich hatte mich auch schon gefragt, warum die Situation im Friseurhandwerk nicht mal von den Gewerkschaften angepackt wird. Ich kam mit dem Thema Gewerkschaften über meine Mutter in Verbindung. Sie ist Krankenschwester, und es ist ganz schrecklich, was da in den Krankenhäusern abläuft, aber die tun etwas dagegen. Also habe ich ver.di gefragt, warum Friseure da nie was getan haben. Und dass es ganz interessant wäre, da mal ein bisschen aufgeklärt zu werden. Auch wie das läuft in den kleineren Betrieben, wo man mit seinem Chef irgendwie sehr nah ist und ihn sehr gut kennt, wie man sich da organisieren kann. Da sind die beiden von ver.di sehr gut drauf eingegangen und haben betont, dass die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft natürlich anonym ist und der Arbeitgeber keine Information darüber bekommt.

Der nächste Schritt ist bei uns in Hamburg eine große Grillparty. Da will die große Mehrheit von uns Azubis auch hin. Und jeder hatte auch das Anliegen, so viele wie möglich noch ins Boot zu holen. Da ist der Kampfgeist bei uns jetzt ein bisschen geweckt."


Romella, 35, Auszubildende zur Friseurin in einem Bildungszentrum

"Ich mache meine Ausbildung bei einem Bildungszentrum. Wir haben dort eine Friseurwerkstatt. Das sieht aus wie in einem Salon, und wir kriegen auch richtige Modelle und Kunden. Zweimal jährlich müssen wir auch ein Praktikum in einem Salon absolvieren. Und Berufsschule haben wir natürlich genauso wie andere Auszubildende.

Ich habe bereits vor meiner Ausbildung als Friseurin gearbeitet, aber ohne Abschluss. Da ich alleinerziehende Mutter bin, mache ich jetzt eine Teilzeitausbildung. Ich habe sehr viel Glück gehabt. Ich wollte eigentlich meine Ausbildung in einem Salon machen, allein wegen der Laufkundschaft. Allerdings habe ich schlechte Erfahrungen gemacht in den Salons, in denen ich zum Praktikum war. Da musste ich nur putzen, einkaufen und solche Sachen. Bei den Auszubildenden war es genauso. Die mussten zum Beispiel in der Prüfung eine Dauerwelle machen, obwohl das im Salon gar nicht angeboten wird und sie das nie gemacht hatten.

Als dann ver.di zu uns in die Berufsschule kam, ist uns erst einmal bewusst geworden, wie wir eigentlich dastehen. Wir haben da in einem Rollenspiel Tarifverhandlungen durchgespielt. Da wurde uns dann von der Gegenseite vorgeworfen, wir würden ja eh nur Schwarzarbeit machen und bräuchten daher nicht mehr Geld. Das war schon eine sehr interessante Geschichte, das so zu sehen. Auch wie sich die Stimmung in unserer Klasse verändert hat. Anfangs sagten viele, wir kriegen doch eh nichts durch, und haben sich sogar gegen mich gerichtet. Aber ich meinte dann, wir haben auch Rechte und einen Anspruch darauf. Wir müssen das nur gemeinsam wollen. Und da wurden dann alle richtig euphorisch, und wir haben gemeinsam überlegt, was man noch alles verlangen könnte, zum Beispiel ergonomischeres Arbeiten oder eben mehr Urlaubsanspruch.

Am Tag nach dem Besuch von ver.di wollten wir uns dann noch mal treffen, um auch die anderen Azubis zu informieren, aber da haben dann viele gefehlt. Das war zunächst ganz schön niederschmetternd, aber die jungen Azubis sind einfach schwieriger zu motivieren, sich selbst für ihre Interessen einzusetzen.

"Friseur ist eigentlich ein toller Beruf"

Auf der anderen Seite hatten wir auch schon ein erstes Erfolgserlebnis. Eine Auszubildende war im Streit mit ihrem Ausbildungssalon auseinandergegangen. Sie ist ver.di beigetreten und konnte jetzt die Prüfung auch ohne den Salon absolvieren. Das wusste sie vorher gar nicht und hatte auch nicht den Mut, sich noch mal mit ihrem Chef auseinanderzusetzen. So sind jetzt auch alle, die ich kenne, bei ver.di eingetreten. Und wenn das neue Ausbildungsjahr anfängt, werden wir uns dafür einsetzen, die neuen Azubis zu gewinnen. Wir wollen wirklich etwas verändern. Denn Friseur ist eigentlich ein echt toller Beruf."

O-TON-PROTOKOLLE: Stefan Zimmer

Besser abschneiden

Noch bis Ende Juli ist ver.di deutschlandweit in den Berufsschulen des Friseurhandwerks unterwegs, um die Auszubildenden für die Kampagne "besser abschneiden" zu gewinnen. Ganz oben auf der Agenda der Friseur-Auszubildenden in Hamburg, aber auch anderswo, steht die Monatsvergütung von 300 Euro im ersten, beziehungsweise 325 Euro brutto im zweiten Ausbildungsjahr. Was das tatsächlich heißt, machte eine Auszubildende beim ver.di-Besuch in der Hamburger Berufsschule klar: "Seht ihr die Packung Salzstangen auf meinem Tisch? Mehr Essen kann ich mir heute nicht mehr leisten, das ist alles." Das darf nicht sein. Macht mit:

www.besser-abschneiden.info