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Schulassistenz ist eine wichtige HilfeFoto: Bonninstudio/ullstein bild/Westend61

Der Schulassistenz-Anbieter CeBeeF Inklusion und Schule (CIS) in Frankfurt am Main, hervorgegangen aus dem CeBeeF e.V., hat direkt vor den Osterferien seinen Beschäftigten die Kündigung ausgesprochen. Angestellt sind dort Schulbegleiter*innen, die Kindern mit Behinderungen oder anderem Unterstützungsbedarf den Schulbesuch an einer Regelschule oder einer Förderschule möglich machen.

Vor den Kündigungen bot die Geschäftsführung noch dramatische Verschlechterungen an: Kein Betriebsrat, keine Garantie für den Weiterbestand, die Löhne sollten gekürzt, Stunden reduziert und die Arbeitszeiten willkürlich verteilt werden. "Eine Diskriminierung vor allem für alleinerziehende Frauen bei der CIS", sagt Betriebsrätin Gabriele Breder.

Lohnbestandteile eingeklagt

Nicht nur rund 200 Beschäftigte trifft es, auch die von ihnen betreuten Kinder, die ohne die Assistent*innen die Schule nicht besuchen können. Bei den Leistungen der Arbeitskräfte handelt es sich um öffentliche Daseinsvorsorge. Da ein gesetzlicher Anspruch auf die Leistungen bestehe, müsse das Sozialdezernat Frankfurt am Main nun nach neuen Anbietern der Assistenzleistungen suchen, betont Astrid Buchheim von ver.di Frankfurt. Einige in Frage kommende Betriebe hätten bereits ihr Interesse bekundet, die Arbeitskräfte zu übernehmen.

Die Beschäftigten sind in Sorge, dass sich ihre Arbeitsbedingungen verschlechtern. In der Vergangenheit haben sie wiederholt für ihnen zustehende Lohnbestandteile klagen müssen. "Wir haben 2012 den ersten Tarifvertrag überhaupt im Assistenzbereich erkämpft", so Buchheim, die damals noch selbst beim CeBeeF e.V. beschäftigt und dort Betriebsrätin war. Trotz Tarifvertrag zahlte die damalige Geschäftsführung den erkämpften Tariflohn nicht voll aus, sondern nur willkürliche 81 Prozent. "Den Rest mussten wir einklagen und zwar immer wieder rückwirkend, sobald einige hundert Euro aufgelaufen waren", erinnert sich Buchheim. 2015 gab es dann plötzlich eine Einigung mit der Stadt und der CeBeeF e.V. zahlte ab Juli tatsächlich für kurze Zeit 100 Prozent. Damit erreichte er das Niveau des öffentlichen Dienstes.

"Heute haben wir in vielen weiteren Assistenzbetrieben Tarifverträge, eine gute Mitbestimmung und eine aktive Mitgliedschaft", betont Sarah Bormann von ver.di, zuständig für die Behindertenhilfe auf Bundesebene. Das sei ungemein wichtig, denn "mit dem Bundesteilhabegesetz nimmt eine individuelle, personenzentrierte Leistung stetig zu". Die Schulassistenz sei eine Wachstumsbranche mit schon heute um die 60.000 Beschäftigten in Deutschland.

Weitere Lohndrückerei

Bereits im März 2016 meldete CeBeef e.V. jedoch Insolvenz an, als Eigenverwaltung im Schutzschirmverfahren. Dies wurde so teuer, dass die Sanierung 2019 als gescheitert galt. Das Berliner Unternehmen Pflegewerk Managementgesellschaft mbH kaufte den insolventen Betrieb und teilte ihn in drei Gesellschaften auf, darunter CeBeeF Inklusion und Schule GmbH (CIS) und CeBeeF Assistenz und Pflege GmbH (CAP). Die "hemdsärmeligen Versprechungen der neuen Geschäftsführung vor der Belegschaft wurden aber nicht eingehalten", sagt Gewerkschafterin Buchheim. Der erkämpfte Tariflohn galt ab jetzt nur noch für die Beschäftigten mit alten Arbeitsverträgen. In der CAP wird seitdem zu schlechterem Lohn eingestellt. In der CIS, wo es viele ver.di-Mitglieder gibt und der Betriebsrat sich nicht beugte, wurde niemand mehr eingestellt.

Stattdessen betreibt der Investor die neuen Gesellschaften Teamwerk (ab 2019) und CeBeeF Hessen (ab 2021), wo es weder Betriebsrat noch Tariflohn gibt. Dort stellt er neue Assistenzkräfte ein. "Diese neuen CeBeeF-Gesellschaften haben mit der Stadt ebenfalls Leistungsvereinbarungen, obwohl sie für schlechtere Bedingungen, ohne Tarif und ohne Betriebsrat, Menschen die gleiche Arbeit machen lassen", so Astrid Buchheim.

Nun hat die Geschäftsführung die teureren Beschäftigten bei der CIS gekündigt, während Teamwerk und CeBeeF Hessen weiterarbeiten. "Absurd ist das, schließlich ist die Arbeit nach wie vor da. Die wollen uns loswerden, denn Betriebsrat und Tariflohn, das passt nicht in ihr unternehmerisches Konzept", sagt Betriebsrätin Breder. Die letzte Mitarbeiterversammlung sei "furchtbar" gewesen. Die gekündigten Beschäftigten seien schockiert, vor allem, weil sie nach wie vor für das Leitbild des einstigen CeBeeF e.V. einstünden und sich um die Kinder sorgten, die auf die vertraute Unterstützung angewiesen sind.

Grundlegendes Problem

Astrid Buchheim von ver.di kritisiert, die Stadt lege zwar in den Leistungsvereinbarungen mit den Trägern fest, wie viel Geld pro Stunde abgerechnet werden könne, aber sie schaue nicht genug hin, in welche Unternehmen die öffentlichen Gelder fließen und wie die Arbeitsbedingungen sind. "Natürlich wäre es angebracht, Kriterien für gute Arbeitsbedingungen und Tariflohn aufzustellen und die Verwendung der Gelder genau zu prüfen", sagt Buchheim. Öffentliche Gelder sollten nur in Unternehmen fließen, die einen Tarifvertrag haben. Das gelte aber nicht nur für die Schulassistenz, sondern auch für alle anderen privaten Anbieter von Dienstleistungen im Sozialwesen.

ver.di hat in einer Mitgliederversammlung mit den Beschäftigten die Kündigungsschutzklagen ausgefüllt. Jetzt wird mit anderen Anbietern verhandelt. "Hoffentlich einer mit Tariflohn und Betriebsrat", wünscht sich Gabriele Breder. "Wir brauchen in der Schulassistenz Verlässlichkeit für die Beschäftigten. Aber auch für die Kinder mit Unterstützungsbedarf sind stabile soziale Beziehungen unerlässlich", sagt Sarah Bormann. Deshalb stehe ver.di nicht nur an der Seite der Beschäftigten der CIS, sondern setzt sich auch bundesweit für eine faire Bezahlung und gute Arbeitsbedingungen in der Assistenz ein.