Als er an einem Sonntag spazieren ging, wurde ein Mann von einem Auto erfasst und verletzt. Zu diesem Zeitpunkt war er in stationärer Rehabilitation, und die Ärzte hatten ihm Bewegung angeraten. Es war also seiner Ansicht nach ein Arbeitsunfall. Die Berufsgenossenschaft war anderer Meinung, nun musste das Arbeitsgericht Düsseldorf entscheiden, ob der besagte Spaziergang eine "eigenwirtschaftliche Tätigkeit" war, die einen Anspruch auf Entschädigungsleistungen ausschließt, oder ob der Kläger "aktive Mitarbeit bei der Gewichtsreduzierung" geleistet hatte, sodass sein Missgeschick doch als Arbeitsunfall zu bewerten sei. Schließlich bekam der unglückliche Wanderer Recht, und wir müssen den Richtern zu dieser weisen Entscheidung gratulieren. Damit wurde der erste Schritt zur Erweiterung des Arbeitsbegriffs getan. Denn wäre der Mann gesund gewesen und ohne ärztliche Empfehlung spazieren gegangen, hätte seine Verletzung nicht minder als Arbeitsunfall gelten müssen. Er hätte nämlich eine Vorsorgemaßnahme geleistet, um schlank und fit für den Job zu bleiben. Für moderne Arbeitnehmer ist Freizeit niemals gänzlich von der Karriere getrennt. Folglich kann von eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten keine Rede sein, alle werden im Hinblick auf die professionelle Leistung ausgeübt und entsprechend gestaltet. In diesem Sinne hätte auch ein verunglückter Bungeespringer einen Arbeitsunfall. Er wollte ja seine Risikobereitschaft optimieren, eine Bedingung des wirtschaftlichen Erfolgs. Ebenso die Unvorsichtige, die von einem Auto überfahren wird, als sie auf ihrem Handy die Facebook-Mitteilungen liest. Networking ist auch Arbeit, die soziale Kompetenz will rund um die Uhr gemanagt werden. Und selbstverständlich darf der Schläfer, der aus der Hängematte fiel, behaupten, er habe sich bei der Reproduktion seiner Arbeitskraft verletzt. Da jedes Ungemach direkt oder indirekt arbeitsbedingt ist, wäre es an der Zeit, die Konsequenz zu ziehen und anstelle der Krankenkassen die Berufsgenossenschaften für alles zahlen zu lassen. Guillaume Paoli