Amazon-Beschäftigte streikten auch am diesjährigen "Black Friday" für einen Tarifvertrag

Von Gudrun Giese

Arbeit beim Online-Händler Amazon wird nicht nur schlecht bezahlt, sie macht auch noch überdurchschnittlich oft krank. Trotz groß angekündigter Aktionen wie Gesundheitstagen und Gesundheitsprämien liegt die Krankheitsquote an den deutschen Amazon-Standorten bei 11 bis 13 Prozent, während sie in vergleichbaren Betrieben nur acht Prozent beträgt. Auch deshalb streikten Ende November, um die Superschnäppchentage "Black Friday" und "Cyber Monday" herum, weit mehr als 2.000 Beschäftigte aus sechs deutschen Amazon-Niederlassungen und 500 im italienischen Piacenza.

Nur im Umsatz stark

An den Arbeitskämpfen beteiligten sich in der Bundesrepublik Beschäftigte der Standorte Bad Hersfeld, Leipzig, Rheinberg, Werne, Graben und Koblenz. Sie wollten damit auch deutlich machen, wer eigentlich für die jährlich wachsenden Umsatzrekorde bei Amazon Tag für Tag schuftet, für diese Arbeit aber nicht einmal den Tariflohn erhält. Außerdem machen sich die Beschäftigten gemeinsam mit ver.di stark für Verhandlungen über einen Tarifvertrag "Gute und gesunde Arbeit". "Obsttage und die Aufforderung, mehr zu trinken, sind keine Mittel gegen permanente Leistungskontrollen und Überwachung", sagte Stefanie Nutzenberger, ver.di-Bundesvorstandsmitglied für den Handel. "Wir brauchen in diesem Bereich Regelungen, die die Gesundheit der Amazon-Beschäftigten rechtlich verbindlich schützen."

Amazon-Boss Jeff Bezos, nach aktuellen Angaben des Finanzdienstes Bloomberg mit einem Vermögen von 100 Milliarden Dollar der reichste Mensch der Welt, verweigert seit Jahren die Verhandlungen mit ver.di über einen Entgelttarifvertrag nach den Konditionen des Einzel- und Versandhandels. Stattdessen versucht das weltweit aggressiv agierende Unternehmen, die Beschäftigten mit unverbindlichen Sonderzahlungen bei Laune zu halten. An den großen Standorten in der Bundesrepublik setzen sich allerdings immer mehr Beschäftigte für eine tarifvertragliche Absicherung ein. Seit erstmals 2013 in Bad Hersfeld und in Leipzig für den Entgelttarifvertrag Einzel- und Versandhandel gestreikt worden ist, hat sich die Kampfbereitschaft enorm gesteigert: Amazon-Mitarbeiter/innen gehen regelmäßig für ihre Rechte auf die Straße und haben mittlerweile auch et-liche mehrtägige Streiks absolviert.

Umgang mit Kranken

"Die Arbeitsbedingungen sind hart und machen viele Beschäftigte krank", sagt Thomas Voß, der in der ver.di-Bundesfachgruppe Einzelhandel die Gewerkschaftsarbeit in Online-Handelsunternehmen koordiniert. "Mit Gesundheitsprämien versucht Amazon, die Krankenrate zu drücken." In der Praxis führe das aber nur dazu, dass kranke Mitarbeiter/innen zur Arbeit gingen, die dann schlimmstenfalls sogar schwer erkrankten. Wer allerdings längere Zeit krankheitsbedingt ausfalle, werde schnell aus dem Unternehmen hinausgedrängt.

Um diese Missstände abzustellen, fordern ver.di und die engagierten Beschäftigten Amazon zu Verhandlungen über einen Gesundheitstarifvertrag auf. "Der Arbeitgeber Amazon muss endlich Verantwortung für die Gesundheit der Beschäftigten übernehmen", heißt es in einem Aufruf. Die Gewerkschaft fordert unter anderem einen finanziell gut ausgestatteten Gesundheitsfonds, "über dessen Verwendung gewerkschaftliche und betriebliche Interessenvertreter der Beschäftigten mitbestimmen". Genug Geld dürfte angesichts der stetig wachsenden Umsatz- und Gewinnrekorde für Gesundheit und Tarifvertrag vorhanden sein.