Die EU-Kommission plant eine sogenannte Dienstleistungskarte. Damit soll es Unternehmen der Mitgliedsstaaten leichter gemacht werden, ihre Dienstleistungen auch in anderen Ländern anzubieten.Das Verfahren, um dort zugelassen zu werden, soll deutlich verkürzt werden. Seit 2006 sind alle Mitgliedsstaaten verpflichtet, sogenannte "Einheitliche Ansprechpartner" einzurichten. Sie sollen die Informationen bereitstellen, die Dienstleister brauchen, um ihre Arbeit vorübergehend auch in einem anderen Land anbieten zu können. Zudem können alle dafür notwendigen Verfahren und Formalitäten über sie abgewickelt werden.

Die EU-Kommission möchte nun eine weitere Option einführen. Nach der sollen die notwendigen Anträge bei Behörden im Heimatland gestellt werden können. Diese leiten sie - automatisch übersetzt - an eine koordinierende Behörde in dem Land, in dem die Dienstleistung erbracht werden soll, zur Prüfung weiter. Widerspricht sie nicht innerhalb von vier Wochen, gilt die Dienstleistungskarte als ausgestellt, ohne zeitliche Beschränkung. Derzeit tritt diese Debatte im Europäischen Parlament in die heiße Phase.

Anne Karrass, Referentin im EU-Verbindungsbüro des ver.di-Bundesvorstands, hält den Vorschlag für überaus problematisch. "Kann das Herkunftsland die Gesetze aller anderen EU-Länder gut genug kennen, um rechtssicher zu informieren und ihre Einhaltung festzustellen?", fragt sie. Auch der Deutsche Bundestag hat in einer Entschließung zum Dienstleistungspaket festgestellt, dass mit der geplanten Regelung "faktisch das Herkunftslandprinzip" eingeführt werde, "mit der Folge, dass nationale Anforderungen unter anderem zu sozialen Standards ausgehöhlt und umgangen werden".

Karrass befürchtet, dass nationale Kontrollmöglichkeiten durch die Neuregelung eingeschränkt werden können. So ist die Anforderung beglaubigter Kopien verboten. Auch Scheinselbstständigkeit würde massiv erleichtert.

Betroffen von der Dienstleistungskarte wären im ersten Schritt die Baubranche und unternehmensnahe Dienstleistungen wie private Sicherheitsdienste. Später könnten Transport- und Pflegedienste einbezogen werden. Callcenter, IT-Dienstleister und Übersetzer können schon heute direkt aus ihrem Herkunftsland ihre Dienstleistungen anbieten. Sie sind ebenfalls im Anhang der Richtlinie aufgelistet. Hinzu kommen aufwändige und unnötige Änderungen in den Verwaltungsstrukturen, damit die Richtlinie überhaupt umgesetzt werden kann. hla