Wenn Beschäftigte des Groß- und Außenhandels streiken, bekommen die meisten Menschen das nicht unmittelbar mit, weil die Betriebe in Gewerbegebieten angesiedelt sind. Die Auswirkungen der Streiks spüren aber alle, denn wenn Lebensmittel oder Kleidung nicht vom Lager zu den Filialen in den Innenstädten geliefert werden, entstehen Lücken im Sortiment.

Und diese Lücken könnten bald noch größer werden, da die Streikbewegung intensiviert wird. „Mit ihrem mickrigen ersten Angebot haben die Arbeitgeber großen Ärger in den Betrieben verursacht“, sagte Bernhard Franke, Leiter des Fachbereichs Handel im ver.di-Landesbezirk Baden-Württemberg und Verhandlungsführer in den laufenden Tarifrunden für den Groß- und Außen- sowie den Einzelhandel. Bei 24-monatiger Laufzeit bieten die Arbeitgeber bisher für das erste Jahr 2, für das folgende 0,5 Prozent. ver.di hat für die Beschäftigten des Groß- und Außenhandels in den verschiedenen Landesbezirken 6,5 Prozent mehr beziehungsweise Festbeträge von 160 bis 170 Euro gefordert, bei einer Laufzeit des Tarifvertrages von zwölf Monaten, und außerdem eine deutliche Erhöhung der Auszubildendenvergütungen.

Auch im Einzelhandel ist die Streikbereitschaft als Reaktion auf die Verweigerungshaltung der Arbeitgeber sehr groß. Ende Mai legten Beschäftigte vor und nach dem Himmelfahrtstag die Arbeit nieder. Allein in Nordrhein-Westfalen beteiligten sich mehr als 3.000 Einzelhandelsmitarbeiter*innen an Streiks, um den Druck auf die Arbeitgeber zu erhöhen. Am 6. Juni stand dort die dritte Verhandlungsrunde über den Entgelttarifvertrag an, die aber wiederum keine echte Annäherung brachte. Bei vergleichbaren ver.di-Forderungen wie im Groß- und Außenhandel liegen die Angebote der Arbeitgeber im Einzelhandel bei 1,5 Prozent fürs erste, und 1 Prozent fürs zweite Jahr.

Komplett verweigert haben sich die Arbeitgeber bisher auch der ver.di-Forderung nach Wiedereinführung der Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge im Handel.

Angesichts einer schwindenden Tarifbindung von rund 30 Prozent für die Einzelhandelsbeschäftigten und etwa 21 Prozent für die Beschäftigten im Groß- und Außenhandel, sollte sich auch die Politik endlich deutlich für die Allgemeinverbindlichkeit einsetzen, forderte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. „Ein Tarifvertrag ist ja auch ein Zeichen für Respekt und Anerkennung für die Leistung.“

Dafür kämpfen die Handelsbeschäftigten weiterhin in den Tarifverhandlungen. Gudrun Giese