Geldstrafen für sogenannte „Pflichtverletzungen“ hat der Gesetzgeber nicht nur für Hartz-IV-Berechtigte vorgesehen, sondern auch für Bezieher*innen von Arbeitslosengeld (Alg I), wenn sie sich „versicherungswidrig“ verhalten. Seit fast drei Jahren warten Betroffene und die interessierte Öffentlichkeit auf eine Antwort des Bundesverfassungsgerichts auf die Frage, ob die Paragrafen 31 ff. des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) die Würde des Menschen und damit das Grundgesetz verletzen: Sie regeln die Sanktionen gegen Alg-II-Empfänger*innen, bis hin zur Kürzung des Existenz-minimums nach Hartz IV für drei Monate auf Null (ver.di publik berichtete).

Demgegenüber hat der 11. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) Ende Juni 2019 die Bundesagentur für Arbeit dafür gerügt, dass sie Alg-I-Empfänger*innen vor der Verhängung von längeren Sperrzeiten generell nicht ausreichend informiert über die Rechtsfolgen von „versicherungswidrigem“ Verhalten. Nach Paragraf 159 SGB III mit der harmlos klingenden Überschrift „Ruhen bei Sperrzeit“ kann die Behörde das Arbeitslosengeld für drei Wochen komplett streichen, wenn ein*e Arbeitslose*r zum Beispiel ein Beschäftigungsangebot oder eine berufliche Eingliederungsmaßnahme ablehnt. Im „Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art“ dauert eine zweite Sperrzeit sechs Wochen, „in den übrigen Fällen zwölf Wochen“, so der Gesetzeswortlaut.

Aber solche verlängerten Sperrzeiten treten nach den jüngsten BSG-Urteilen nur dann ein, wenn „dem Arbeitslosen zuvor konkrete Rechtsfolgenbelehrungen erteilt worden sind und zudem bereits ein Bescheid über eine voraus-gegangene Sperrzeit ergangen ist“. Der 11. Senat stellt fest: „Einheitliche Rechtsfolgenbelehrungen, die – wie in den entschiedenen Fallgestaltungen – auf sämtliche möglichen Sperrzeitformen bei einem wiederholten versicherungswidrigen Verhalten hinweisen und damit lediglich den Gesetzestext wiederholen, sind keine wirksamen Rechtsfolgenbelehrungen für Sperrzeiten mit einer Dauer von sechs oder zwölf Wochen.“

Mit den Grundsätzen einer individuellen Vermittlung sei verbunden, dass über die leistungsrechtlichen Konsequenzen im konkreten Fall belehrt werden müsse. Wegen der vom Gesetz geforderten Abfolge von erstem, zweitem und weiterem versicherungswidrigen Verhalten müsse auch die Umsetzung zeitlich gestaffelt stattfinden, erklärte das Gericht zu diesem Sachverhalt in einer Pressemitteilung. Henrik MüllerAktenzeichen: B 11 AL 14/18 R und B 11 AL 17/18 R