Ausgabe 05/2019
Zuschläge von Anfang an
Ein unerwarteter, aber willkommener Geldsegen steht rund 4.000 Beschäftigten des Pharmagroßhandelsunternehmens PHOENIX ins Haus. Rückwirkend zum 1. Februar bekommen Teilzeit-Mitarbeiter*innen und geringfügig Beschäftigte für ihre geleistete Mehrarbeit Zuschläge ausgezahlt. Grundlage dafür ist ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 19. Dezember 2018 (10 AZR 231/18).
PHOENIX mit bundesweit 20 Großhandelsstandorten sowie einigen Tochtergesellschaften ist damit das erste große Unternehmen der Branche, das die BAG-Entscheidung umsetzt. Ende April wurde die Urteilsbegründung bekannt, und ver.di-Unternehmensbetreuer Siegmar Roder wies zudem bei einer Gesamtbetriebsratssitzung auf die Thematik hin. „Daraufhin hat der Gesamtbetriebsrat an die Geschäftsleitung geschrieben und mit Hinweis auf die neue Rechtslage die Zuschlagszahlung gefordert“, sagt der GBR-Vorsitzende Rudi Rainer. Bisher wurden Mehrarbeitszuschläge für Teilzeitkräfte erst fällig, wenn diese so viel mehr gearbeitet hatten, dass sie über das Stundenvolumen einer Vollzeitkraft hinausgekommen sind, was nur selten der Fall war. Mit der BAG-Entscheidung müssen bereits ab der ersten Stunde, die über die vertragliche Arbeitszeit hinausgeht, Zuschläge gezahlt werden.
„Der Arbeitgeber hat sich nach einigen Beratungen Ende Juni bereiterklärt, die Regelung umzusetzen“, so Rudi Rainer. Bis alle Nachzahlungen geleistet sind, dauert es allerdings noch: Spätestens im September sollen die Berechnungen der Mehrarbeitszuschläge für die Teilzeitkräfte abgeschlossen sein und ausgezahlt werden.
Mit einem beachtlichen sechsstelligen Betrag, der jährlich insgesamt für die Zuschlagszahlungen fällig wird, rechnet der Gesamtbetriebsrat, GBR. Die Freude bei den betroffenen Beschäftigten – zu mehr als 70 Prozent Frauen – über die neue Regelung ist groß. „Viele haben nicht verstanden, warum sie keine Zuschläge für Mehrarbeit bekamen, denn die Belastung ist gleich groß wie für Vollzeitbeschäftigte, die Überstunden leisten“, stellt der GBR-Vorsitzende fest.
Angesichts der Verteuerung von Teilzeitarbeit hoffen die Arbeitnehmervertreter*innen auf die vertragliche Stundenaufstockung für Teilzeit-Mitarbeiter*innen. Rudi Rainer: „Bisher arbeiten an einzelnen Standorten viele geringfügig Beschäftigte etwa einen Tag wöchentlich in der Zusammenstellung der Lieferungen an die Apotheken.“ Da die Mehrarbeit gerade für diese Gruppe überproportional teurer wird, erwartet der GBR, dass sie schon bald neue Verträge mit höheren Stundenkontingenten angeboten bekommen.
Siegmar Roder hofft, dass das Urteil bei den übrigen Pharmagroßhändlern ebenso zügig umgesetzt wird, damit kein Wettbewerbsnachteil für PHOENIX entsteht. Gudrun Giese