Oliver Bandosz

Vom 24. April bis zum 30. Juni hat ver.di die Beschäftigten im öffentlichen Dienst (öD), bei der Deutschen Rentenversicherung und der Bundesagentur für Arbeit befragt, was sie sich wünschen: mehr Geld, mehr Freizeit oder eine Kombination aus beidem. Jetzt liegen die ersten Ergebnisse vor. Ein Interview mit Oliver Bandosz, Bereichsleiter Tarifpolitik für den öffentlichen Dienst.VER.DI PUBLIK: Wie war die Resonanz?OLIVER BANDOSZ: Die Rückläufe waren außerordentlich hoch. Mehr als 210.000 Beschäftigte haben an der Umfrage teilgenommen. Aus den Diskussionen und Zuschriften wissen wir von lebhaften Gesprächen in den Pausen, auf den Fluren und in den Kantinen. 20 Prozent, die an der Umfrage teilgenommen haben, sind im Bereich Gesundheit, Pflege oder Soziales beschäftigt.VER.DI PUBLIK: Was sind die Ergebnisse?BANDOSZ: Die Wahlmöglichkeit zwischen freier Zeit und mehr Geld ist den meisten Befragten, 95 Prozent, wichtig. Die Mehrzahl, 57 Prozent, wäre bereit, eine tarifliche Gehaltssteigerung für die Verkürzung der Arbeitszeit einzusetzen. Die Gründe sind sehr vielschichtig, je nachdem wo man beschäftigt ist, wie hoch das Einkommen ist, wie sehr man sich mit seiner Arbeit identifiziert und wie belastend die Arbeit und die Beschäftigungszeiten sind. Fast 70 Prozent der Befragten haben erklärt, länger als vertraglich vereinbart zu arbeiten. Tendenziell ist dort, wo die Bezahlung schon höher ist, der Wunsch nach Freizeit größer. Allerdings ist der Wunsch oft auch den belastenden Arbeitszeiten am Abend oder am Wochenende geschuldet. Das betrifft vor allem die Pflegekräfte. Die unterschiedlichen Antworten in den einzelnen Berufsgruppen zeigen, wir müssen da sehr genau hinschauen. Markant ist auch, dass sich 58 Prozent der Befragten für eine sofortige Angleichung der Arbeitszeit von Ost und West aussprechen.VER.DI PUBLIK: Wie sollte eine Verkürzung der Arbeitszeit aussehen?BANDOSZ: Wir stellen eine große Offenheit für persönlich verfügbare Zeit und unterschiedliche Angebote fest: Neben der häufig genannten Verkürzung der Wochenarbeitszeit spielen zusätzliche freie Tage oder das Ansammeln von geleisteter Arbeitszeit eine große Rolle, beispielsweise für einen längeren Urlaub, ein Sabbatical oder um früher in den Ruhestand gehen zu können.VER.DI PUBLIK: Wie geht es nun weiter?BANDOSZ: Wir wollen einzelne Aspekte vertiefen. Dazu werden wir mit Vertretern der verschiedenen Berufsbereiche Einzel- und Gruppeninterviews führen. Dabei geht es darum, Sichtweisen zu verstehen und tiefere Einblicke zu bekommen. Nach der quantitativen Umfrage folgt nun also die qualitative Befragung. Ob und mit welcher Forderung wir das Thema Arbeitszeit in die Tarif- und Besoldungsrunde 2020 einbringen, wird sich spätestens im Sommer 2020 bei der Forderungsdiskussion der Mitglieder vor Ort in den Betrieben und Dienststellen zeigen. Marion Lühring