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Auch in Bildung und Ausbildung muss mehr investiert werdenHÖFER / The New York Times / Re / Redux /laif

Dass der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, und der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Dieter Kempf, vor der Bundespressekonferenz ein gemeinsames Anliegen vorstellen, kommt nicht allzu häufig vor. Mitte November war es so weit. Sie forderten von der Bundesregierung ein auf mehrere Jahre angelegtes Programm für deutlich höhere öffentliche und private Investitionen. Dabei stützten sie sich auf eine gemeinsame Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) und des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK).

Rechnet man die in der Studie genannten erforderlichen Investitionen in Bereichen wie Bildung, Verkehr, Kommunikation und Energiepolitik zusammen, kommen die Autor*innen auf ein Volumen von 450 Milliarden Euro. Gerechnet auf zehn Jahre wären das pro Jahr 45 Milliarden Euro an notwendigen öffent- lichen Investitionen oder Investitions-förderung. Ein Investitionsfonds sei ein möglicher Weg, um zu mehr Investitionen zu kommen.

Es gehe in erster Linie darum, die Ursachen einer Wachstumsschwäche anzugehen, begründete der BDI-Präsident die geforderte Summe. "Die Politik steht in der Pflicht, den Industriestandort Deutschland zu bewahren und zu verbessern, um dauerhaft Wohlstand und Beschäftigung zu sichern", so Kempf weiter. Er forderte den Staat auf, vor allen Dingen dort zu investieren, wo sich privatwirtschaftlicher Ausbau nicht lohne. Als Schwerpunkte nannte er den Breitbandausbau, die Verkehrsinfrastruktur sowie Investitionen in den tiefgreifenden Umbau der Volkswirtschaft für den Schutz des Klimas.

Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann stellte klar, dass nur ein umfangreiches, langfristiges öffentliches Investitionsprogramm die Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft sichere – und damit die guten Arbeitsplätze von morgen. "Öffentliche Investitionen stärken den sozialen Zusammenhalt und fördern gleichwertige Lebensbedingungen in ganz Deutschland", betonte er. Es brauche starke und lebenswerte Kommunen, bezahlbaren Wohnraum und eine gute öffentliche Daseinsvorsorge. Hoffmann stellte aber auch klar, dass die Investitionen nur wirken können, wenn deutlich mehr Personal in Kitas, Schulen und Behörden eingestellt werde.

Um diese Pläne zu verwirklichen, können sich BDI und DGB eine Abkehr von der Politik der Schwarzen Null vorstellen. Reiner Hoffmann bekräftigte, dass diese selbst auferlegten Schuldenregeln flexibilisiert oder Ausnahmen genutzt werden sollten. Dies zeige auch die Studie von IW und IMK erneut auf. "Und je schneller mit der Umsetzung eines solchen Programms begonnen wird, desto höher könnte auch dessen konjunkturelle Wirkung ausfallen", so der DGB-Vorsitzende. Der Analyse von IW und IMK zufolge steigert eine Erhöhung des staatlichen Infrastrukturbestands um zehn Milliarden Euro das Bruttoinlandsprodukt dauerhaft um rund 2,5 Milliarden Euro im Jahr.

Auch Dierk Hirschel, Leiter des Bereichs Wirtschaftspolitik beim ver.di-Bundesvorstand, befürwortet in diesem Zusammenhang neue Kredite. Die Mittel, die erforderlich seien, um den kommunalen Investitionsstau aufzulösen und das in der öffentlichen Daseinsvorsorge benötigte Personal einzustellen, seien aus dem laufenden Haushalt nicht zu finanzieren. Die Schwarze Null und Schuldenbremse verhinderten das, ihre Befür- worter*innen begründen beides mit Generationengerechtigkeit. "Generationengerecht ist aber allein eine ,grüne Null' mit dem Ziel Treibhausgasneutralität", so Hirschel. Mittelfristig sollten die höheren Ausgaben durch höhere Steuern auf große Einkommen und Vermögen finanziert werden, so der Gewerkschafter.

Die Studie: dgb.de/-/SYn

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