Mitte Februar hat sich das Kabinett auf die Einführung einer Grundrente ab dem 1. Januar 2021 geeinigt. In einem Pressestatement sprach Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, SPD, von einem "großen sozialpolitischen Meilenstein" und der "größten Sozialreform wahrscheinlich in dieser Legislaturperiode". Superlative, die man nach Meinung der stellvertretenden ver.di-Vorsitzenden Andrea Kocsis nicht teilen muss. Dennoch warnt sie davor, das Projekt kleinzureden.

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Mehr Geld im AlterFoto: Theodor Barth/laif

Zehn Jahre wurde in der Politik um die Einführung einer Grundrente gestritten, vor Heil hatten sich bereits zwei Arbeitsministerinnen daran versucht. Doch der Widerstand von Arbeitgebern und Teilen der Union war groß. Jetzt wurde ein Kompromiss gefunden, der allerdings hinter Heils erstem Vorschlag zurückbleibt: Weniger Rentner*innen werden davon profitieren, auf eine Bedürftigkeitsprüfung wird zwar verzichtet, aber die Einkommen werden überprüft.

"Deutlich mehr wäre besser: mehr Berechtigte, mehr Geld, mehr generelle Bereitschaft zur Übernahme sozialpo- litischer Verantwortung und zur Würdigung der Lebensleistung arbeitender Menschen", sagte Andrea Kocsis. Schließlich gehe es darum, all jene besser zu stellen, deren Einkommen während ihres Berufslebens nicht ausreichen, um ein würdiges Leben im Alter führen zu können. Wird der Kabinetsbeschluss umgesetzt, werden nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums 1,3 Millionen Rentner*innen davon profitieren. "Leute, die sich jeden Tag reinhängen", sagte Heil. Diese Leistungsträger*innen verdienten mehr als warme Worte.

Anspruch auf Grundrente hat, wer mindestens 33 Jahre "Grundrentenzeiten" erworben hat. Gemeint sind damit Zeiten, in denen er/sie Pflichtbeiträge aufgrund einer Beschäftigung, Kindererziehung oder Pflegetätigkeit an die gesetzliche Rentenversicherung geleistet haben. Liegt der Wert dieser Beiträge zwischen 0,2 und 0,8 Entgeltpunkten, werden sie aufgewertet. Durch ein Verfahren mit verschiedenen Faktoren erreicht man mit der Aufwertung maximal 0,8 Entgeltpunkte.

Auch wenn der Grundrentenkompromiss materiell unbefriedigend ausfalle, sieht Kocsis darin den Vorteil, dass "strategisch jetzt die Tür offen ist, die Alterssicherung mittelfristig so auszugestalten, dass Menschenwürde nicht nur ein Schlagwort bleibt". Hinter den jetzt vom Kabinett beschlossenen Entwurf könnten künftige Regierungen nicht mehr zurückfallen, wenn sie nicht ihre sozialpolitische Glaubwürdigkeit verlieren wollten. Im parlamentarischen Verfahren müsse jetzt weiter nachgesteuert und der Kreis der Berechtigten deutlich ausgeweitet werden.

Kocsis erinnerte auch an die Beschäftigten der Rentenversicherungsträger, die nun die Herkulesaufgabe stemmen müssen, die Einkommen möglicher Berechtigter zu überprüfen. "Ihnen gehören nicht nur Respekt und Wertschätzung, sondern vor allem die uneingeschränkte Unterstützung durch die Politik, damit sie diese wichtige Aufgabe auch erfüllen können", sagte die stellvertretende ver.di-Vorsitzende. Die Rentenversicherungsträger bräuchten zur Umsetzung der Grundrentenpläne deutlich mehr Stellen und mehr Unterstützung.