Ausgabe 02/2020
Gnadenloser Stellenabbau
Berlin – "Für jeden eine gute Lösung" verspricht der Online-Bezahldienst PayPal auf seiner deutschen Website seinen Kundinnen und Kunden. Nur für die PayPal-Beschäftigten gilt das nicht. Sie leisten gute Arbeit und verhelfen ihrem Arbeitgeber damit zu schwarzen Zahlen, dennoch will die Geschäftsleitung seit dem vergangenen Jahr 309 von 355 Stellen am Standort Berlin-Wilmersdorf abbauen (ver.di publik 6_2019). Kosten darf das aber nichts: Bisher weigert sich der Arbeitgeber, angemessene Abfindungen und Ausgleichszahlungen zu zahlen. Deshalb haben Betriebsrat und ver.di Ende Februar mit einer öffentlichen Aktion auf die Missstände aufmerksam gemacht.
Wie smart PayPal wirklich ist
"Nachdem der Arbeitgeber in mehr als zehn Verhandlungsrunden nicht schlüssig darlegen konnte, warum am Standort Berlin über achtzig Prozent der Arbeitsplätze abgebaut werden müssen, und jedes Alternativkonzept ungeprüft verworfen hat, wollten wir auch der Öffentlichkeit zeigen, wie smart PayPal wirklich ist", sagt Mike Döding, Leiter des Fachbereichs Finanzdienstleistungen im ver.di-Landesbezirk Berlin-Brandenburg, anlässlich der Protestaktion vor dem PayPal-Sitz in Wilmersdorf. Die Wirklichkeit bestehe darin, in Deutschland Millionengewinne einzustreichen, gleichzeitig keine Steuern zu zahlen, da der europäische Firmensitz sich in Luxemburg und Irland befinde, aber letztlich "die Folgen und Kosten ungebremster Profitgier der Gesellschaft zur Last" zu legen.
"Es gibt diesen Standort seit 2011", sagt der Betriebsratsvorsitzende Anselm Mathes. "Bisher ist er kontinuierlich gewachsen, und unser Team arbeitet in der Kundenbetreuung ebenso wie im Verkauf von neuen Produkten an Händler." Doch trotz der positiven wirtschaftlichen Entwicklung gehe es der ehemaligen eBay-Tochter PayPal vor allem darum, Kosten zu reduzieren. "Aufgaben werden verstärkt an externe Dienstleister ausgelagert", sagt Mathes. Bei Externen würden derzeit ebenso zusätzliche Kapazitäten aufgebaut wie bei PayPal in Polen. Auch nach Irland möchte der US-amerikanische Online-Bezahldienst Aufgaben aus Berlin verlagern, findet dort aber nicht das passende Personal. "Die Geschäftsleitung hat ganz unverfroren erklärt, dass wir uns ja neu auf ausgeschriebene Stellen bewerben könnten", so der Betriebsratsvorsitzende.
Da mittlerweile wenig Hoffnung besteht, den Standort Wilmersdorf mit allen Stellen zu erhalten, und sich bereits mehr als 50 der dort Beschäftigten andere Jobs gesucht haben, wollen Betriebsrat und ver.di nun wenigstens einen guten Interessenausgleich und Sozialplan mit dem Arbeitgeber aushandeln. Aber hier erweist sich PayPal, das 2019 weltweit einen Umsatz von knapp 18 Milliarden US-Dollar verbuchte, als knauserig. Nach zahlreichen ergebnislosen Gesprächen hat die Arbeitgeberseite nun immerhin eine Einigungsstelle angerufen. Für den 2., 8. und 30. April wurden die ersten Verhandlungen terminiert.
Nachteilausgleich muss drin sein
"Eine Verständigung kann es nur geben, wenn PayPal angemessene Abfindungen inklusive eines Nachteilausgleichs zahlt", sagt Anselm Mathes. Sollten Beschäftigte etwa künftig in einem Call Center arbeiten müssen, hätten sie dort schlechtere Verdienstmöglichkeiten als bei PayPal. Diesen Nachteil müsse der Arbeitgeber ausgleichen. Zudem fordern Betriebsrat und ver.di eine Transfergesellschaft für alle, die nicht gleich eine neue Stelle finden.
Die PayPal-Zentrale im kalifornischen San José hatte den Berliner Standort bereits zum Jahresende 2019 auf nur noch 46 Kundenbetreuer*innen schrumpfen wollen. Als neues Ziel sei nun, so Anselm Mathes, Ende April ausgegeben worden. Doch angesichts der bisherigen zähen Verhandlungen glaubt er eigentlich nicht, dass das Unternehmen sich bis zu diesem Zeitpunkt zu Zahlungen in angemessener Höhe durchringen wird.