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Immer gut abliefern macht leider noch keine gute RenteFoto: Ralph Peters/imago images

Ende vergangenen Jahres hatte sich die Regierungskoalition auf einen Kompromiss zur Grundrente verständigt. 1,2 bis 1,5 Millionen Niedrigrentner*innen sollten davon profitieren, ungefähr die Hälfte derjenigen, die nach dem ursprünglichen Plan von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, SPD, Ansprüche gehabt hätten. Ein Kompromiss halt, dennoch ein Fortschritt, denn viele Unionspolitiker*innen wollten gar keine Grundrente. Unterstützt wurden sie dabei von der Wirtschaft und entsprechenden Lobbyverbänden.

Im Frühjahr sollte der Gesetzentwurf in den entsprechenden parlamentarischen Gremien beraten werden. Vorgesehen war die erste Lesung im Bundestag für den 23. April, allerdings wurde das Thema von der Union von der Tagesordnung genommen. Der Bundesrat hatte in seiner Sitzung Ende März Nachbesserungsbedarf angemeldet. Einer der Kritikpunkte war die Einkommensprüfung, die der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke bereits als "unnötige Komplikation und Hürde" bezeichnet hatte. Der Bundesrat hatte darauf hingewiesen, dass im ersten Jahr des Rentenbezugs kaum ein*e Rentner*in Anspruch auf den Zuschlag haben wird, weil bei der Berechnung der Steuerbescheid des vorvergangenen Jahres zugrunde gelegt wird. Das führe zu einer längeren Verzögerung, in dem die Betroffenen dann Grundsicherung beantragen müssten.

ver.di-Rentenexpertin Judith Kerschbaumer warnte vor einer weiteren Verzögerungstaktik der Union. Man könne auch nicht Corona vorschieben, die Grundrente müsse jetzt verabschiedet werden. Die Deutsche Rentenversicherung hatte vor der verschobenen ersten Lesung darauf hingewiesen, dass es vermutlich erst im Juli 2021 zur dann rückwirkenden Auszahlung der Grundrente kommen könne. Weitere Verschiebungen im Gesetzgebungsverfahren würden die Auszahlung noch weiter ver- zögern.

Gerade im Niedriglohnbereich wird die Grundrente für ein würdiges Leben im Alter aber gebraucht. "Diejenigen, die derzeit als Held*innen der Corona-Krise gefeiert werden, werden diejenigen sein, die wegen ihrer niedrigen Löhne später auf Grundrente angewiesen sind", sagte Kerschbaumer. Ein weiterer Grund, um das Gesetzgebungsverfahren nicht weiter in die Länge zu ziehen.

Mehr Infos: sopo aktuell Nr. 292, kurzelinks.de/1zpa

Bericht der Rentenkommission

Ende März hatte die von der Bundesregierung eingesetzte sogenannte Rentenkommission ihren Bericht vorgelegt. Knapp zwei Jahre hatten Vertreter*innen von Gewerkschaften, Arbeitgebern, Politik und Wissenschaft diskutiert, wie es mit der Rente nach 2025 weitergehen soll. Den Anschlussbericht trägt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der mit seinem Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach die Gewerkschaften in der Kommission vertreten hat, zwar im Großen und Ganzen mit, hat aber zwei Sondervoten abgegeben.

Ein Widerspruch des DGB richtet sich gegen den vorgeschlagenen Korridor beim Rentenniveau zwischen 44 und 49 Prozent ab 2025. Mit dem zweiten Sondervotum widerspricht der DGB dem Vorschlag, von 2031 an das Rentenniveau auf der Grundlage von 47 Jahren Durchschnittsverdienst zu berechnen. Bislang sind es 45 Versicherungsjahre.

"47 Versicherungsjahre – das geht an der Lebenswirklichkeit der meisten Beschäftigten komplett vorbei", stellte der ver.di-Vorsitzende klar. Auf diese Weise werde das Rentenniveau nur schön gerechnet. Das sei durchsichtig. Wer jahrzehntelang Beiträge eingezahlt habe, könne zu Recht eine auskömm- liche Rente und damit die Honorierung der Lebensleistung erwarten.

Bezogen auf das zukünftige Rentenniveau setze die Mehrheit der Kommission ein falsches Signal. Werneke befürchtet, dass dadurch die Bezieher*innen unterer Einkommen vollends sozial abgehängt würden. "Die unterste Haltelinie für die Rente muss bei 48 Prozent gezogen werden – dies verbunden mit der Perspektive, das Rentenniveau in der Zukunft weiter anzuheben", so der ver.di-Vorsitzende.

Ein privates "Zwangssparen" der Beschäftigten, wie es der Bericht als eine weitere Alternative vorsieht, hält Werneke für Menschen, die von ihrem Erwerbseinkommen gerade so über die Runden kommen, für völlig illusionär. Jetzt geht es an die politische Umsetzung der Kommissionsvorschläge. In dieser politischen Debatte werden die Gewerkschaften weiter für ihre Vorstellungen streiten.

Das Votum des DGB und weitere Informationen sind zu finden unter renten kommission.de. Offizielle Website der Kommission: generationenvertrag.de

Rentenanpassung zum 1. Juli 2020

Ende April hat das Bundeskabinett der jährlichen Rentenanpassung zugestimmt. Ab dem 1. Juli 2020 steigen die Renten in den alten Bundesländern um 3,45 Prozent, in den neuen Bundesländern um 4,2 Prozent. Damit steigt der aktuelle Rentenwert Ost auf 97,2 Prozent, bisher hatte er bei 96,5 Prozent gelegen. Das Rentenniveau liegt dann bei 48,21 Prozent. Es beschreibt das Verhältnis aus der Standardrente, also bezogen auf 45 Versicherungsjahre, zum verfügbaren Durchschnittsentgelt, beides vor Steuern. Mehr Infos: Sopo Aktuell Nr. 294,