TVN_Leipzig.jpg
Busse und Bahnen stehen still – nicht nur in SachsenFoto: ver.di

Leicht gefallen ist es den Beschäftigten im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nicht, die Busse und Bahnen stehen zu lassen und in den Streik für einen bundesweiten Tarifvertrag zu treten. Allzu bewusst sind den Kolleg*innen die Einschränkungen und Belastungen, die viele Menschen während der Corona-Pandemie aushalten müssen. Gleichzeitig war es aber höchste Zeit, ein deutliches Zeichen zu setzen: Während die Arbeitsbedingungen im ÖPNV immer härter werden, sind die öffentlichen Arbeitgeber auf Bundesebene zu keinerlei Zugeständnissen bereit. Schlimmer noch, bisher weigern sie sich sogar, Verhandlungen aufzunehmen.

"Während der Zeit der harten Einschränkungen waren wir alle sehr dankbar dafür, dass die Beschäftigten im ÖPNV die Mobilität für uns alle gesichert haben. Sie haben auch verlässlich dafür gesorgt, dass beispielsweise Pflegepersonal zur Arbeit fahren konnte", sagt Paul Schmidt, Gewerkschaftssekretär im Landesfachbereich. Doch viele der Kolleg*innen seien an der absoluten Belastungsgrenze. Dass die Arbeitgeber nun nicht einmal zu Verhandlungen bereit sind, bezeichnet Schmidt als "riesige Respektlosigkeit gegenüber den Mitarbeiter*innen in den Verkehrsunternehmen".

So verwundert es nicht, dass das Signal auch im Landesbezirk deutlich ausfiel: Über 90 Prozent der Beschäftigten der kommunalen Nahverkehrsunternehmen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen beteiligten sich am 29. September am Warnstreik. Auch bei ihnen hieß es: "Hier bewegt sich heute nichts!"

Nun liegt der Ball wieder auf Seiten der Arbeitgeber. Sie haben es in der Hand, in Verhandlungen über bundeseinheitliche Rahmenbedingungen im ÖPNV einzutreten und den Beschäftigten faire Arbeitsbedingungen zu ermöglichen. Wolfgang Fehring, Straßenbahnfahrer und Vertrauensmann bei den Dresdner Verkehrsbetrieben, beschreibt, was ihn und seine Mitstreiter*innen bewog, sich am Warnstreik zu beteiligen: "Schon in der Zeit von 2001 bis 2011 wurden die Gehälter eingefroren, um Beschäftigung zu sichern, ab 2012 erfolgte die Übernahme der Tarifsteigerungen aus dem Tarifvertrag für den Nahverkehr." Dieser wird bisher gesondert in den einzelnen Bundesländern verhandelt. Jetzt fordert ver.di einen einheitlichen bundesweiten Tarifvertrag für den Nahverkehr mit 30 Tagen Urlaub, Überstundenbezahlung ab der ersten Stunde und eine Jahressonderzahlung – für alle Beschäftigten im ÖPNV, bundesweit.

"Schauen wir nach Sachsen: Wir haben den zweitschlechtesten Tarifvertrag im Vergleich aller Bundesländer. Und wir wollen die Arbeitszeit von 39 auf 38 Stunden angepasst haben", sagt Fehring. Er geht davon aus, dass ver.di und die Beschäftigten diesmal einen langen Atem haben müssen, denn bisher sind die Arbeitgeber noch nicht einmal bereit, bundesweit zu verhandeln.