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Freundliches Logo – kaltschnäuzige KetteJens Kalaene/dpa

Thalia ist die bundesweit größte Buchhandelskette mit rund 350 Filialen, etwa 6.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von zirka 1,2 Milliarden Euro. Tariflöhne will das Unternehmen mit Hauptsitz in Hagen aber nicht mehr zahlen. Zum Jahresanfang hat Thalia erklärt, aus der Tarifbindung auszusteigen. Zugleich kündigte die Kette seine Mitgliedschaft im Börsenverein des Deutschen Buchhandels Nord und meldete sich als künftiges OT-Mitglied (ohne Tarifbindung) im Handelsverband Deutschland (HDE) an.

Das Unternehmen plant für die Zukunft ein bundesweit einheitliches, erfolgsabhängiges Vergütungssystem. Bisher galten in den Hamburger sowie den Berliner Filialen die ver.di-Flächentarifverträge des Buchhandels. In einigen Regionen gab es einen Haustarifvertrag auf dem Niveau der Flächentarifverträge. Thalia greife mit seinem Vorstoß die Einkommens- und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten frontal an, sagt Heike Lattekamp, die im ver.di-Landesbezirk Hamburg den Fachbereich Handel leitet. "Das neue Vergütungssystem bedeutet, dass es weniger Gehalt gibt, wenn sich der Erfolg nicht einstellt." Dabei lege das Unternehmen die Erfolgskriterien fest; die Beschäftigten hätten keinen Einfluss darauf.

Es sei empörend, dass Thalia die Corona-Pandemie und den Jahreswechsel ausnutze, um die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern, so Heike Lattekamp. "Trotz der Ängste um ihre Gesundheit haben die Kolleg*innen im Verkauf, an der Kasse und im Lager gearbeitet. Sie waren für die Daseinsvorsorge da und trugen wesentlich zu den Umsätzen bei." Doch statt den Beschäftigten Wertschätzung zu zeigen, zerschlage das Unternehmen die Sozialpartnerschaft. "Das ist unfair, und das werden wir nicht hinnehmen."

In Berlin will Thalia zugleich mit der Tarifflucht den Betriebsratsvorsitzenden loswerden, indem die Spandauer Filiale, in der er arbeitet, in eine eigene Gesellschaft ausgegründet wird (siehe untenstehenden Bericht).

Seit vielen Jahren ist Thalia auf teils aggressivem Expansionskurs unterwegs. Letzter Coup war die Gründung einer gemeinsamen Vertriebsgesellschaft mit der süddeutschen Osianderschen Buchhandlung GmbH im vergangenen November. Ein Jahr zuvor hatte Thalia bereits den Konkurrenten Mayersche Buchhandlung übernommen.