Kaum zeichnet sich an der Corona-Front eine gewisse Entspannung ab, da ziehen für viele Millionen abhängig Beschäftigte und Erwerbslose neue schwarze Wolken auf. Gerade erst hat die Politik der Pandemie-Bekämpfung die soziale Spaltung zwischen unten und oben weiter extrem verschärft und sichtbar werden lassen, da kramen Wissenschaft-ler*innen (sic!) aus ihren Archiven sozial-politische Rezepte hervor, die schon vor 20 Jahren nichts getaugt haben: Anfang Juni legte der 39 Köpfe umfassende wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium ein sogenanntes Gutachten vor, mit dem er für die Zukunft der gesetzlichen Altersrente ein neues Schreckensszenario an die Wand malt. Demnach drohen ab 2025 "schockartig steigende Finanzierungsprobleme".

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Henrik Müller ist freier Journalist und AutorFoto: R. Kossmann

Nachdem das Rentenniveau in den letzten Jahren ohnehin von 53 auf 48 Prozent gefallen ist, die auch nur bis 2025 garantiert sind, behauptet "die Wissenschaft" nun, es werde "den Bundeshaushalt sprengen und wäre auch mit massiven Steuererhöhungen nicht finanzierbar", wenn dieses Niveau dauerhaft gehalten werden solle. Origineller Vorschlag des Beirats zur Lösung des Problems: die weitere Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters auf 68 Jahre. Mit wissenschaftlicher Expertise hat all das längst nichts mehr tun. Es ist schlicht politische Propaganda und Stimmungsmache. Wirtschaftsminister Peter Altmeier, CDU, sah sich prompt gezwungen, sich von den Plänen "seiner" Berater zu distanzieren. Auch Alexander Dobrindt, CSU, sprach von einer "verfehlten Debatte". Sozialpolitik wollen sie offenbar aus dem Bundestagswahlkampf heraushalten. Um nach der Wahl ob der Corona-Schulden in Billionenhöhe die Bevölkerung zur Kasse zu bitten?

Die "Rente mit 68" war da nur ein kleiner Testballon. Wir werden uns alle warm anziehen müssen, wenn sie uns im Spätherbst die Pandemie-Rechnung komplett präsentieren.