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ver.di-Frauen bei der Bündnisaktion "Superreiche zur Kasse" im Juli 2021Foto: VER.DI MÜNCHEN

Lockdown, Homeoffice, Kinderbetreuung – Corona hat viele Mütter auf die Probe gestellt. Sich in Pandemie-Zeiten sozial einzuschränken, ist notwendig, aber ätzend. Besonders mit kleinen Kindern oder gar Babys. Ines Tsartsaris, 27, hat 2020 ein Kind bekommen. Sie und ihr Partner sind glücklich. Viele Eltern berichten, dass die Geburt des Kindes einer der schönsten Momente im Leben sei. Aber: Schon zu "normalen" Zeiten ist das Eltern-Werden nicht leicht.

Und derzeit? Das Corona-Virus bahnt sich seinen Weg durchs Land und auch durch den Alltag von Ines. "Vieles war von Angst und Unsicherheiten geprägt", erzählt sie. Darf ihr Partner bei der Entbindung dabei sein? Kann diese zu Hause wie geplant stattfinden? Wird sich eine Hebamme für die Wochenbettbetreuung finden? Ines sagt, Schwangerschaft und Geburt seien eine äußerst schöne Erfahrung gewesen, aber die Fragen rund um die Geburt auch ein unheimlicher Stressfaktor.

Elternsein, sagt sie, wird in der Gesellschaft romantisiert. Ines gehört zu den vielen Müttern, die in den Wochen nach der Geburt stark mit sich zu kämpfen hatten. Und sie beschreibt, wie es sich anfühlt, für ein Neugeborenes verantwortlich zu sein. Tagtäglich stelle sie das Muttersein vor Herausforderungen. Auch beim Stillen: Das Kind muss sich auf die Mama einstellen und andersherum. Das sei ein Lernprozess und klappe nicht einfach von selbst. "Manchmal dachte ich, dass ich allein bin und nur ich dieses Problem habe". Sie erzählt von negativen Gedanken und ihren Zweifeln. "Aber es stimmt ja nicht, dass ich alleine bin."

Während der Pandemie fehlte ihr auch der Austausch mit anderen Müttern, sie fühlte sich oft isoliert. Und auch der Bürokratie-Wahnsinn überforderte sie manches Mal. Durch vorherige Teilzeit-Jobs war ihr Elterngeld nur gering. Sie ist froh über die Unterstützung durch ihren Partner, mit dem sie glücklich zusammenlebt. Mit ihren nur wenigen hundert Euro im Monat hätte sie allein ziemlich blöd dagestanden. Das mache sie automatisch auch finanziell abhängig.

Die aktive Gewerkschafterin fordert deshalb ein Mindest-Basiselterngeld, das Frauen eigenständig absichert. "So können sie ganz eigene Entscheidungen treffen", sagt sie. "Viele Frauen bleiben bisher deswegen in schlechten Beziehungen." Und sie fordert die Abschaffung von prekären Arbeitsverhältnissen und unsachgemäßen Befristungen, zudem Arbeitszeitverkürzung ohne Lohneinbußen und Sonderurlaub für Eltern für die Eingewöhnung in der Kita: "Wir benötigen Strukturen, die Frauen wirklich unterstützen und gleichstellen", sagt Ines. In der Arbeitswelt werde erwartet, dass Frauen so arbeiten, als hätten sie keine Kinder. Und gleichzeitig werde erwartet, dass die Kinder so betreut werden, als würde man nicht arbeiten. "Das muss sich ändern", sagt sie und hält dabei ihr Kind im Arm und lächelt es an.

Andreas Reinshagen