Ausgabe 03/2022
Sechs Punkte für die Zukunft
Von betrieblicher Mitbestimmung profitieren in erster Linie die Beschäftigten. Aber nicht nur sie. Studie zeigen, dass mitbestimmte Betriebe wirtschaftlich erfolgreicher sind. "Beispielsweise sind sie produktiver, sie tun mehr für Qualifizierung oder die Vereinbarkeit von Beruf und Familie", sagte die wissenschaftliche Direktorin des Hugo-Sinzheimer-Instituts (HSI) der Hans-Böckler-Stiftung, Johanna Wenckebach, bei der Vorstellung des Reformvorschlags der Gewerkschaften zum Betriebsverfassungsgesetz. Damit unterstreicht sie die Bedeutung des Gesetzes – und die Dringlichkeit einer grundlegenden Reform.
Das sind die Schwerpunkte des Vorschlags der Gewerkschaften:
1. Umwelt, Gleichstellung
Im Gesetzentwurf ist ein Initiativ- und Mitbestimmungsrecht für Maßnahmen vorgesehen, die geeignet sind, dem Umwelt- und Klimaschutz zu dienen. In Betrieben ab 100 Beschäftigten kann ein Umweltausschuss gegründet werden. Auch beim Thema Gleichstellung ist ein Initiativ- und Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats für Maßnahmen zur Herstellung von Entgeltgerechtigkeit ein zentrales Element, ebenso wie die Gründung von Gleichstellungausschüssen
2. Beschäftigungssicherung in der Transformation
Betriebsräte müssen bei Schlüsselthemen der Transformation initiativ werden können: bei der Weiterbildung, der Beschäftigungssicherung und der Personalplanung. Das bisherige Vorschlags- und Beratungsrecht bei der Beschäftigung soll zum Mitbestimmungsrecht ausgebaut werden.
3. Schutz der Persönlichkeit in der Digitalisierung
Der Betriebsrat soll bei Maßnahmen zum Schutz der Würde und der Persönlichkeitsrechte Einzelner sowie bei Maßnahmen des betrieblichen Datenschutzes initiativ werden können und mitbestimmen.
4. Globalisierung
Das Betriebsverfassungsgesetz ist – trotz der weitreichenden Globalisierung der Wirtschaft – weiterhin an nationalstaatliche Grenzen gebunden. Und es gilt selbst im Inland nicht überall, etwa bei den Kirchen. Diese Rückstände und Lücken soll der Reformentwurf zumindest deutlich verkleinern.
5. Einbeziehung aller schutzbedürftigen Beschäftigungsgruppen
Im Reformvorschlag wird der betriebsverfassungsrechtliche Arbeitnehmerbegriff dahingehend erweitert, dass Arbeitnehmerähnliche und Leiharbeitende einbezogen werden. Außerdem soll den Beschäftigten mehr Demokratie im Betrieb ermöglicht werden.
6. Betriebsratsgründungen erleichtern und Gremien stärken
Dazu soll "Union Busting" verhindert und die Gründung von Betriebsräten erleichtert werden. Auch befristet Beschäftigte und arbeitnehmerähnliche Personen sollen besser geschützt werden, um der häufig bestehenden Angst dieser Beschäftigtengruppen entgegenzuwirken, im Betriebsrat aktiv zu sein.