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Susi Lutz ist Mitglied der ver.di-Tarifkommission München und arbeitet beim Abfallwirtschafts-betrieb München (AWM)Foto: ver.di München

Mehr Geld bei Tarifverhandlungen herauszuholen, war noch nie einfach – gleich ob zu Zeiten einer Hochkonjunktur, einer Rezession, im Aufschwung oder Abschwung. Für die Arbeitgeber kommen die Forderungen der Gewerkschaften immer zum falschen Zeitpunkt. Das wird Anfang nächsten Jahres nicht anders sein, wenn die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst beginnen. Verhandelt wird für ca. 2,3 Millionen Beschäftigte beim Bund und den Kommunen und zwar für Pflegepersonal, Erzieher*innen, Feuerwehrleute, Justizangestellte, Müllwerker*innen und viele andere Berufsgruppen.

Susi Lutz (33), Angestellte beim Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM), fährt gemeinsam mit ihrem Kollegen Ali Bulut vom Baureferat zu den Tarifverhandlungen nach Potsdam. Die beiden vertreten München in der Bundestarifkommission sowie im engeren Zirkel, der Verhandlungskommission. Susi hat bei der Stadt als Auszubildende zur Bürokauffrau vor zehn Jahren begonnen und arbeitet jetzt in der Buchhaltung beim AWM. Zum ersten Mal gewerkschaftlich engagiert hat sie sich in der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV). Jetzt ist sie gewähltes Personalratsmitglied.

ver.di publik: Warum engagierst Du Dich gewerkschaftlich für deine Kolleginnen und Kollegen?

Susi Lutz: Erstens, weil es für mich wichtig ist, dass wir gemeinsam unsere Interessen vertreten. Und zweitens macht es mir Spaß, mich für meine Kolleginnen und Kollegen einzusetzen. Wir müssen halt zusammenstehen, und je mehr ich davon überzeugen kann, umso besser. Leicht ist es allerdings nicht, Mitglieder für die Gewerkschaft zu werben, obwohl dabei zu sein gerade jetzt notwendig wäre.

Als Personalrätin kennst Du die Stimmung im Betrieb sehr gut. Was erwarten die Mitglieder von den Tarifverhandlungen?

Die Erwartung ist hoch. Schließlich merkt jeder die Preissteigerung im eigenen Geldbeutel. Mindestens ein Inflationsausgleich und eine Reallohnsicherung wären schon notwendig.

Was sicher nicht einfach durchzusetzen sein wird.

Ich glaube, es wird eine sehr schwere Tarifrunde und möglicherweise muss für einen guten Abschluss auch gestreikt werden. Und dann kommt es darauf an, dass genügend mitmachen. Für meinen Bereich bin ich zuversichtlich. Ich weiß, meine Leute stehen hinter mir. In anderen Bereichen müssen wir noch überzeugen. Allein, dass wir verhandeln können und der Arbeitgeber uns ernst nimmt, ist ein Vorteil. Weil wir viele Mitglieder haben. Viel zu viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, vor allem auch in anderen Branchen, haben diesen Vorteil nicht. Sie haben keine Tarifverträge und sind allein vom Wohlwollen des Arbeitgebers abhängig.

Die Arbeitgeber werden argumentieren, dass sie selbst unter den Preissteigerungen leiden und die Spielräume gerade im öffentlichen Dienst klein sind. Was hältst Du dem entgegen?

Klar, Tarifpolitik hat ihre Grenzen und Gewerkschaften können nicht alles durchsetzen. In der jetzigen schwierigen Situation fordert ver.di deshalb gerade für Gering- und Mittelverdienende staatliche Hilfen zum Ausgleich etwa der gestiegenen Energiekosten. Andererseits: Das Argument angeblich leerer Kassen hören wir immer. Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes haben während der Corona-Krise den Laden am Laufen gehalten. Für gute Arbeit muss es auch gutes Geld geben. Aber: Geschenkt wird uns nichts.

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg.

Interview: Ernst Edhofer