Ausgabe 08/2022
Kurzmeldungen aus der Politik
Unterversorgung auf Kinderstationen
Krankenpflege – Seit Jahren weist ver.di auf den drohenden Kollaps in den Kinderkliniken hin. Jetzt sind die Stationen überlastet, in erster Linie wegen eines Atemwegsvirus', der vornehmlich für Kinder und Säuglinge gefährlich ist. "Viel zu lange haben die politisch Verantwortlichen zugeschaut, wie qualifizierte Pflegepersonen scharenweise ihren Beruf verlassen, weil ihre Arbeitsbedingungen untragbar sind", kritisiert ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. Herbeigeführt habe die Misere das Finanzierungssystem der Fallpauschalen, das gerade im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin zur Unterversorgung beiträgt.
Orientierung nicht an der Haushaltslage
Personalbemessung – ver.di begrüßt das Krankenhauspflege-Entlastungsgesetz. Mit ihm wird unter anderem eine bundesweite Personalbemessung für Pflegekräfte in Kliniken etabliert. Die PPR 2.0, die von ver.di, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem Deutschen Pflegerat entwickelte Personalbemessung, müsse nun ohne weitere Verzögerungen verbindlich umgesetzt werden. Positiv bewertet ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler, dass die als Übergangsinstrument entwickelte PPR 2.0 nun auch die Grundlage der wissenschaftlichen Weiterentwicklung der Personalbemessung bilden soll. ver.di hat sich im Gesetzgebungsverfahren erfolgreich dafür eingesetzt, auch für Intensivstationen bedarfsgerechte Personalvorgaben zu entwickeln. Deutliche Kritik übte Bühler am Mitspracherecht des Bundesfinanzministers. Der Pflegebedarf orientiere sich ausschließlich an den Patient*innen und nicht an der Haushaltslage.
Mehrfachtätigkeiten nehmen zu
Kulturschaffende – Im Rahmen der Novelle des Sozialgesetzbuches IV hat der Bundestag auch Anpassungen im Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) beschlossen. "Die Regelungen bedeuten für Kulturschaffende, die neben ihrer künstlerischen oder publizistischen Arbeit eine weitere selbstständige Tätigkeit ausüben, deutlich höhere Sicherheiten", sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Christoph Schmitz. Damit werde der sich wandelnden Arbeitswelt Rechnung getragen, in der Mehrfachtätigkeiten an Bedeutung zunehmen.
Gegen Übergriffe am Arbeitsplatz
Gewalt gegen Frauen – Frauen müssen besser gegen Gewalt und sexualisierte Übergriffe in der Arbeitswelt geschützt werden. Dazu hat der Frauen- vorstand im ver.di-Bundesfachbereich Handel die Initiative "Gemeinsam stark – Gegen Gewalt im Handel" gestartet. "Frauen, die im Handel arbeiten, sind zunehmend Belästigungen ausgesetzt. Sie erleben tagtäglich Beleidigungen und Pöbeleien. Damit muss Schluss sein", sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. Um zunächst zu einer besseren Datenlage zu kommen, wurde ein Forschungsprojekt mit der Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (BGHW) gestartet. Die Ergebnisse werden zu Beginn des nächsten Jahres vorliegen. ver.di will zudem auch die Politik zum Handeln bewegen. "Um die Arbeitssituation von Frauen insgesamt zu verbessern, fordern wir die Bundesregierung auf, die Konvention der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zur Beseitigung sexueller Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz endlich zu ratifizieren und umzusetzen", so Nutzenberger weiter. Die Umsetzung steht seit Jahren aus.
Zeichen setzen für Solidarität
Gelbe Hand – Noch bis zum 15. Januar 2023 können Gewerkschaftsjugend, Auszubildende, Schüler*innen an Berufskollegs und Berufsschulen ihre Beiträge für den Wettbewerb "Gelbe Hand" einreichen. Dem Format sind keine Grenzen gesetzt, wichtig ist, dass die Beiträge ein Zeichen setzen für Vielfalt und Solidarität, gegen Rassismus und Rechtsextremismus in der Arbeitswelt. Die Preise des Vereins "Mach meinen Kumpel nicht an" werden im März 2023 in München verliehen. gelbehand.de
Stichtagsregelung ist rechtens
Erwerbsminderungsrenten – Wer seit dem 1. Januar 2019 eine Erwerbsminderungsrente bezieht, ist besser gestellt als die Bestandsrentner*innen aus den Jahren davor. Gegen diese Ungleichbehandlung versuchten sich eine Rentnerin und ein Rentner juristisch zu wehren. Doch das Bundessozialgericht (BSG) wies jüngst ihren Anspruch auf Neuberechnung ab. Die Klagenden hatten Gleichbehandlung gefordert. Der 5. Senat des BSG sah in der Begrenzung der eingeführten Leistungsverbesserungen und der Stichtagsregelung keinen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes. Zudem verwiesen die Richter*innen auf den mittlerweile per Gesetz eingeführten Zuschlag für Bestandsrentner*innen zu ihrer Erwerbsminderungs- und der späteren Altersrente. Er wird aber erst ab dem 1. Juli 2024 gezahlt.
Aktenzeichen B 5R 29/21 R, B 5 R 31/21 R
Kaum Spielräume, um auszuweichen
Inflation – Von der Inflation sind Haushalte mit niedrigen Einkommen besonders stark betroffen. Bei einkommensschwachen Familien und Alleinlebenden mit geringen Einkommen machen Nahrungsmittel und Energie einen überproportional höheren Anteil des Warenkorbs aus. Diese beiden Produktgruppen sind aber die wesentlichen Treiberinnen der Inflation. Daher sind diese Gruppen besonders belastet. Das geht aus dem Inflationsmonitor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung hervor. Die Alltagsgüter, die ärmere Menschen vor allem kaufen, sind kaum zu ersetzen. Zudem besitzen diese Haushalte kaum Spielräume, ihr Konsumniveau durch Rückgriff auf Erspartes aufrecht zu erhalten. boeckler.de