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Auch die Berliner GKK-Beschäftigten geben keine Filiale verlorenFoto: Florian Boillot

Auf Biegen und Brechen soll der insolvente Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) noch einmal "gesundgeschrumpft" werden. 52 von 129 Filialen bundesweit standen auf der ersten Schließliste, seit dem 16. März sind es "nur" noch 47. Mehr als 5.000 der noch 17.400 Beschäftigten in Filialen und Zentrale sollen ihren Arbeitsplatz verlieren. "Wir wussten, dass um die 50 Häuser geschlossen werden sollen, aber wir haben nicht damit gerechnet, dass unser Standort dazugehören wird", sagt Joffrey Kallweit, Betriebsrat bei GKK in Dortmund. Er und seine Kolleg*innen planen nun Aktionen zum Erhalt der Filiale.

Aus Sicht von ver.di ist klar: Die Gewerkschaft "akzeptiert diese Entscheidung nicht, bei der tausende Menschen Gefahr laufen, ihre Existenz zu verlieren", stellte der Bundesfachbereich Handel Mitte März fest. Die Beschäftigten hätten alles gegeben, damit die Warenhäuser aus der Krise kommen, ihr Wissen eingebracht und auf Einkommensteile verzichtet. "Und jetzt sollen sie wieder die Zeche für Führungspersonal an der Galeria-Spitze bezahlen, das gerade in aller Öffentlichkeit kapituliert." ver.di habe nicht vor, sich mit dieser Fehlentscheidung abzufinden und werde "gemeinsam mit den Kommunen und den politisch Verantwortlichen verschiedener Ebenen nach Wegen suchen, wie Schließungen verhindert werden können".

"Es muss jede Möglichkeit und Chance genutzt werden, um Filialen zu erhalten."
ver.di-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger

Obendrein verlangen der Generalbevollmächtigte im Insolvenzverfahren, Arndt Geiwitz, und das GKK-Management von Lieferanten, Vermietern und staatlichen Stellen den Verzicht auf einen Großteil ihrer Forderungen. So übernimmt das Unternehmen die Sanierungsrezepte des letzten Insolvenzverfahrens fast eins zu eins: Im Sommer 2020 war GKK schon einmal durch Gläubiger-Verzicht auf alles in allem mehr als 2 Milliarden Euro, rund 40 Filialschließungen, und Personalabbau entschuldet worden.

Anschließend flossen aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds der Bundesregierung während der Corona-Lockdowns Darlehen über insgesamt 680 Millionen Euro. Wenig war in der Krisenzeit von der Eigentümerin, der Signa-Immobilienholding des österreichischen Milliardärs René Benko, zu hören, die vergleichsweise geringe Beträge ins Warenhausgeschäft steckte. Trotz aller Zuschüsse und des Verzichtes vieler Beteiligter auf Geld kam GKK nicht aus der Krise. Ende Oktober 2022 beantragte das Management wieder ein Schutzschirmverfahren, das Anfang Februar in ein Insolvenzverfahren überführt wurde.

Nach den angekündigten Schließungen und Gläubigerverzicht soll diesmal angeblich ein überlebensfähiges Warenhausunternehmen herauskommen. Daran zweifeln Gewerkschafter und Galeria-Betriebsräte. Denn auf der Schließ- liste stehen auch rentable Häuser wie beispielsweise das in Braunschweig: "Ich verstehe mein Unternehmen nicht", sagte der dortige Betriebsratsvorsitzende Stefan Nagelschmidt Mitte März im NDR. Ende Januar 2024 soll die GKK-Filiale in der Braunschweiger Innenstadt geschlossen werden, wodurch rund 150 Menschen ihre Arbeit verlieren. Dabei sei dieses Warenhaus weit und breit das einzige, es erwirtschafte Gewinn, und nach dem Ende der Corona-Pandemie kämen wieder viele Kund*innen. Zudem wolle die Vermieterin, die Volksbank Braunschweig-Wolfsburg, auf Forderungen gegenüber GKK verzichten.

Dem Galeria-Management reicht das nicht. Für die Filiale sei eine teure Instandhaltung erforderlich, die das Unternehmen selbst bezahlen müsse. Sollten sich "signifikante Änderungen ergeben", so ein GKK-Sprecher gegenüber dem NDR, könne die Situation neu bewertet werden. Offenbar sollen auch diese Kosten abgewälzt werden.

ver.di wird weiter um jeden Arbeitsplatz bei GKK kämpfen. "Es muss jede Möglichkeit und Chance genutzt werden, um Filialen zu erhalten", sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. Bis Redaktionsschlus waren zumindest schon fünf Filialen wieder von der Schließliste gestrichen.

ver.di-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger