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Traubenernte auf einem Weinberg in SüdafrikaFoto: Bätz/picture alliance/dpa

Sonnenverwöhnt, elegant ausgebaut, mit Aromen von reifen Waldfrüchten: Südafrikanischer Wein ist auch bei Kunden in Deutschland gefragt. Die Arbeitsbedingungen in den dortigen Weinbergen sind jedoch oft weniger paradiesisch als die Etiketten des Weins klingen. Immer wieder berichten Beschäftigte von mangelndem Schutz bei der Arbeit mit Pestiziden, von miserablen Unterkünften, von der Unterdrückung gewerkschaftlicher Organisation und von offenem Rassismus am Arbeitsplatz im ehemaligen Apartheidsstaat. Damit sich daran etwas ändert, kooperiert die südafrikanische Gewerkschaft Commercial, Stevedoring, Agricultural and Allied Workers Union (CSAAWU) mit ver.di, um über die Abnehmer in Deutschland Druck auf die Produktionsbetriebe vor Ort auszuüben.

Eine achtköpfige ver.di-Delegation, hauptsächlich bestehend aus Betriebsräten bei Rewe, Edeka und Kaufland, hat dazu im März für eine Woche die südafrikanischen Kolleg*innen in Kapstadt besucht. Auf dem Programm standen Besuche auf Farmen sowie ein zweitägiger Workshop zur Planung der konkreten Zusammenarbeit. Organisiert und begleitet wurde das Treffen vom Gewerkschaftsnetzwerk tie (transnationals information exchange) in Zusammenarbeit mit ver.di und CSAAWU. Finanzielle und materielle Unterstützung kam von der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

An den Enden der Lieferkette

Die Zusammenarbeit zwischen tie, CSAAWU, ver.di und der Stiftung besteht seit der internationalen Konferenz des ver.di-Fachbereichs Handel im Jahr 2020, an der neben den Südafrikanern auch Gewerkschafter*innen aus der Textilbranche Südostasiens sowie aus der Orangensaftproduktion in Brasilien teilnahmen. Wichtige Grundlage der Kooperation ist dabei die Betrachtung von Lieferketten, um über deutsche Einzelhandelsunternehmen Druck auf die Produktionsfirmen aufzubauen und so Arbeitsbedingungen zu verbessern.

Die Lieferwege südafrikanischen Weins nach Deutschland und die Arbeitsrechtsverletzungen vor Ort haben die Kooperationspartner bereits 2020 in der gemeinsamen Studie "Günstiger Wein, bitterer Nachgeschmack" publik gemacht. Nun geht es darum, praktische Zusammenarbeit aufzubauen. "Der Besuch war elementar wichtig, um die aktiven Kolleg*innen an beiden Enden der Lieferkette in den Austausch zu bekommen und um Solidaritätsbeziehungen aufzubauen", sagt Maren Ulbrich, die die Reise als Gewerkschaftssekretärin des Fachbereichs Handel begleitete. Die Bedeutung der Besuche auf den Farmen sieht sie vor allem darin, gemeinschaftlich Gewerkschaftsmacht aufzubauen.

Auch CSAAWU-Generalsekretär Trevor Christians hat den Eindruck, dass die Zusammenarbeit mit ver.di an den Verhältnissen auf den Farmen rütteln kann. "Diese Kooperation ist extrem wichtig, gerade vor dem Hintergrund der derzeitigen Schwäche der Gewerkschaften in Südafrika", sagt er. Inzwischen wurde bereits ein internationales Komitee gegründet, bei dessen virtuellen Sitzungen Vertrauensleute und Gewerkschafter*innen aus Südafrika gemeinsam mit ver.di-Kolleg*innen praktische Fragen zur Verbesserung von Arbeits- und Lebensbedingungen besprechen. "Dadurch können wir direkt auf die fundamentalen Probleme der Arbeiter*innen eingehen", zeigt Christians sich zuversichtlich, gibt aber zu bedenken, dass die Unternehmer dagegen ankämpfen werden.

Gestärktes Selbstbewusstsein

Wichtig sei der Druck von außen aber gerade auch deshalb, weil so die "Unbesiegbarkeit der weißen Farmer" gebrochen werden könne. "Ich denke, davor haben sie Angst", sagt der Südafrikaner und erläutert: "Auf den Farmen herrscht eine Master-Sklave-Kultur vor, ein Bewusstsein von einer Überlegenheit der Weißen und der Minderwertigkeit der Schwarzen. Wenn diese Kooperation wächst, kann dadurch auch das Selbstbewusstsein der Arbeiter*innen gestärkt werden."

"Wir wollen durch die Zusammenarbeit die gewerkschaftliche Mobilisierung und Verhandlungsmacht der Kollegen in Südafrika stärken", sagt auch Martin Lechner, der für tie dabei war. Zugleich gehe es aber auch darum, den Kollegen in Deutschland eine bessere Position zu verschaffen. Durch die internationale Zusammenarbeit würde sich die Praxis und Auseinandersetzung gegenüber den deutschen Unternehmen ändern. "Die Kollegen werden Teil eines größeren Zusammenhangs. Gemeinsam gestellte Forderungen erhöhen den Druck auf die Unternehmen."

Für Lechner haben die Betriebsräte in Deutschland damit "gleichzeitig ein Angebot für die Unternehmen". Diesen könne es helfen, ihren Verpflichtungen aus dem deutschen Lieferkettengesetz nachzukommen. Denn genau genommen würden die Unternehmen nur über die Gewerkschaften wissen können, wie es tatsächlich um die Arbeits- und Lebensbedingungen der Kollegen aus den Produktionsländern steht.