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Drei Kinobeschäftigte von 4.000Foto: Barbara Dietl

Sie sind die Menschen, die neben dem Film dafür sorgen, dass wir im Kino einen schönen, manchmal unvergesslichen Abend verbringen. Sie sind immer freundlich, verkaufen uns die Tickets, Getränke und Snacks, bringen den Film zum Laufen, räumen uns hinterher und beklagen sich nicht. Doch jetzt erheben die Kinobeschäftigten ihre Stimme. In diesem Bericht bleiben sie namenslos, weil sie wegen ihres Engagements in den anstehenden Tarifrunden Ärger mit ihren Arbeitgebern befürchten. So wie der CinemaxX-Kollege in einer norddeutschen Großstadt, der seit über 20 Jahren Vollzeit im Unternehmen arbeitet. Vor einem Jahr wurde ihm seine ehemalige Sozialwohnung wegen Eigenbedarf gekündigt. Sein geringes Gehalt und die schwierige Lage auf dem Wohnungsmarkt ließen ihm nur eine Option: Mit 62 Jahren zog er zur Untermiete in ein Zimmer in die Wohnung eines Kollegen.

Ab und zu eine Kinofreikarte, Rabatt auf Produkte an den Erfrischungstheken, freie Getränke im Pausenraum – damit und ähnlichem versuchen Deutschlands große Kinobetreiber ihren Beschäftigten die Arbeit schönzurechnen. Nur: Die Rechnung geht nicht auf. In den Tarifverhandlungen für die insgesamt rund 4.000 Kinobeschäftigten der drei großen Kinobetreiber CinemaxX, CineStar und UCI fordern ver.di und die Beschäftigten ab dem 1. Januar 2024 einen Einstiegslohn von 14 Euro.

"Die Tariflöhne bei den drei Kinoketten müssen bereits im Einstiegslohn deutlich über dem gesetzlichen Mindestlohn liegen und für langjährig Beschäftigte eine gute Lohnentwicklung bieten", so ver.di-Tarifsekretärin Martha Richards. Die aktuelle konzernübergreifende Solidarität unter den Beschäftigten sei beeindruckend. Das bestätigt auch eine der UCI-Beschäftigten. 2017 hat sie zum ersten Mal gestreikt, jetzt sagt sie: "In dieser Tarifrunde ist es einfach superspannend zu sehen, wie die anderen Kinoketten zeitgleich am gleichen Strang ziehen. Ich mag das Gefühl, dass wir nicht nur für uns, sondern für alle etwas bewegen können!"

Die Tarifverhandlungen mit den drei Kinokonzernen finden in parallelen Verhandlungsrunden unter einem gemeinsamen Motto statt: "Film ab: Wir sind die Stars". ver.di hat die Tarifforderungen Mitte November an die drei Konzernzentralen übermittelt. Erste Sondierungsgespräche und erste Verhandlungen haben ab Ende desselben Monats stattgefunden.

Für die Beschäftigten sind Lohnsteigerungen oftmals eine Existenzfrage. Gerade in den großen Städten ist das Wohnen oft unerschwinglich geworden, wie auch das Beispiel des CinemaxX-Kollegen zeigt. Die UCI-Beschäftigte weiß von Kolleg*innen, die immer noch zuhause wohnen müssen, weil ihr Einkommen für ein eigenständiges Leben nicht ausreicht. "Und", sagt sie, "man möchte sich auch mal was leisten können. Sei es das Auto für den Arbeitsweg, der Wocheneinkauf oder mal das eine oder andere Elektrogerät." Für die meisten Beschäftigten im Kino seien diese Sachen Luxusgüter, die für sie nur drin sind, wenn sie an anderen Enden sparen würden. "Man möchte sich gesünder ernähren oder ins Fitnessstudio gehen, aber all diese Sachen sind Mehrkosten, die man sich unter Umständen wirklich nicht leisten kann."

Die Kinos sind aus der Krise raus

Ein anderer CinemaxX-Beschäftigter sagt: "Gerade der Niedriglohnbereich, in dem auch wir arbeiten, ist stark von der Inflation betroffen, denn je weniger Geld man in der Tasche hat, um so mehr Anteile davon fließen in die Grundversorgung – Essen, Miete, Strom. Und genau diese Dinge sind deutlich stärker im Preis gestiegen, als die durchschnittliche Inflation vermuten lässt." Entgegen der Annahme bei CinemaxX arbeiteten nur Studierende oder Leute, die sich etwas dazuverdienen möchten, sagt er: "Hier arbeiten Menschen, die davon leben müssen." Es sind gewichtige Gründe, die Forderungen der Beschäftigten ernst zu nehmen. Sie werden sich das Rampenlicht nehmen, das ihnen zusteht. Zumal das diesjährige Kinojahr verspricht, wieder auf dem Vor-Corona-Niveau abzuschließen. Auswertungen der Filmförderanstalt des Bundes (FFA) belegen für das erste Halbjahr ein Ende der Krisenentwicklung aus den Vorjahren. "Es ist völlig klar, dass sich diese positive Entwicklung auch in der Tariflohnentwicklung widerspiegeln muss", sagt Martha Richards.

Die Kinobeschäftigten haben dabei sehr genaue Vorstellungen davon, wie ihre Arbeit zukünftig tarifiert werden soll. Das reicht von den 14 Euro Einstiegslohn über deutlich höhere Stundenlöhne für erfahrene Beschäftigte von 16,50 Euro bis zu 22 Euro, über Zulagen bis zu Jahressonderleistungen von bis zu 1.100 Euro.

Zudem: In vielen Kinos bestehe auch wegen des diesjährigen guten Geschäfts ein erheblicher Personalmangel, sagt Richards, und der habe maßgeblich mit den zu niedrigen Einstiegslöhnen zu tun. "Die Strategie der Kinokonzerne, an die Beschäftigten ab und zu Freikarten auszuteilen oder mit anderen sogenannten Incentives zu locken, geht ganz offensichtlich nicht auf", betont die Gewerkschafterin. Und für ein Happy End reicht es eben auch nicht.