Liebe Leserinnen, liebe Leser,

der Mensch an sich vergisst sehr schnell, Arbeitgeber sind von diesem Phänomen nicht ausgeschlossen. Das zeigt sich nach nunmehr über neun Monaten Verhandlungen im Handel. Während der Corona-Pandemie wurde viel über die Systemrelevanz der Beschäftigten in der Branche gesprochen. Die großen Handelskonzerne haben sich mehr als satt verdient an den Umsätzen und Gewinnen, die ihnen ihre Beschäftigten seitdem rangeschafft haben. Danken tun sie es ihren Mitarbeiter*innen nicht. Vielmehr lassen sie sie vom Regen in die Traufe fallen. Die Angebote, die sie in der Tarifrunde bisher gemacht haben, bringen den Beschäftigten kaum einen Cent mehr. Die hohe Inflation der zurückliegenden zwei Jahre hat schon längst jeglichen Lohnzuwachs gefressen, bevor er überhaupt ausbezahlt ist. Doch ver.di und die Beschäftigten im Handel geben nicht auf. Über den aktuellen Stand der Verhandlungen und die Situation bei Galeria Karstadt Kaufhof, wo die nächste Insolvenz eingeleitet wurde, berichten wir in unserem Brennpunkt auf Seite 3.

Aber es sind nicht nur die Beschäftigten im Handel, bei denen in der Haushaltskasse schon vor Ende des Monats Löcher klaffen. Viele Menschen wissen bei den gestiegenen und steigenden Kosten für Grundnahrungsmittel und Energie nicht, wie sie noch über die Runden kommen sollen. Die Tafeln im Land, die Lebensmittel an Bedürftige ausgeben, können dem Ansturm kaum mehr standhalten und nicht mehr allen Hilfe zukommen lassen. Das Klimageld, das zumindest bei den Energiekosten Abhilfe schaffen könnte, wird vorerst nicht ausgezahlt. Obwohl es im Koalitionsvertrag der Regierung vereinbart und das Geld dafür vorhanden ist (Seite 11).

Geld gibt es in diesem Land in riesigen Mengen. Mit der Wiedereinführung der Vermögenssteuer ließe sich aus den Einnahmen jährlich ein Sondervermögen von fast 100 Milliarden Euro einrichten. Milliarden, die dringend für den ökologischen Umbau und die Erneuerung der öffentlichen Infrastruktur gebraucht werden (Seiten 11+14). Bleibt die Foderung: Tax the Rich, besteuert die Reichen.

Petra Welzel

Chefredakteurin der ver.di publik

Die nächste Ausgabe der ver.di publik erscheint: Ende März 2024.