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Damit das Klimageld nicht den Bach runtergeht: Protest-Aktion auf der Spree von ver.di, AWO, Paritätischer und GreenpeaceChris Grodotzki / Greenpeace

Bei 3 Grad Außen- und 3 Grad Wassertemperatur sind am Morgen des 30. Januars Schwimmer*innen von ver.di, der Arbeiterwohlfahrt, dem Paritätischen Wohlfahrtsverband und Greenpeace unter dem Motto „Eisbaden gegen soziale Kälte – Klimageld jetzt!“ vor dem Bundestag in Berlin in die Spree eingetaucht. Zur gleichen Zeit begannen im Bundestag die abschließenden Beratungen zum Bundeshaushalt 2024. Deshalb wurde das Zeichen zu Wasser gesetzt. Denn trotz vollmündiger Ankündigung im Koalitionsvertrag weigert sich die Bundesregierung bislang, das Klimageld zügig einzuführen und auszuzahlen.

Das Klimageld ist dafür bestimmt, ­einen sozialen Ausgleich für den steigenden CO₂-Preis, der klimaschädliche fossile Energien wie Öl, Gas und Sprit teurer macht, zu schaffen. „Die Anhebung des CO₂-Preises trifft vor allem Menschen mit niedrigen bis mittleren Einkommen. Höhere Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung müssen deshalb über ein Klimageld an die Bevölkerung zurückfließen“, so der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke. Und das Geld ist ja vorhanden. Allein im vergangenen Jahr kletterten Deutschlands Einnahmen aus dem nationalen und europäischen Verkauf von Emissionszertifikaten mit 18,4 Milliarden Euro auf einen Rekordwert. „Die Politik muss unbedingt Wort halten: im Interesse der eigenen Glaubwürdigkeit und des Klimaschutzes. Das Klimageld ist überfällig und darf nicht weiter verschleppt werden“, betont Werneke.

Der ver.di-Vorsitzende sieht im vorzeitigen und schnelleren Anstieg des CO₂-Preises, ohne gleichzeitig ein sozial gestaffeltes Klimageld einzuführen, einen der Hauptgründe für die Unzufriedenheit mit der Ampelregierung. Ohne eine ­Reform der Schuldenbremse, die mehr Investitionen erlaube, oder ein Sondervermögen für Transformation könne der Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft nicht gelingen. Und: Die Akzeptanz für die Klimawende würde so sinken und die Verteilungskämpfe zunehmen. „Das Ganze ist ein tägliches Fest für die AfD“, sagte Werneke auf der ver.di-Jahrespressekonferenz Mitte Januar.

Harte soziale Schieflage

Der Bundeshaushalt für 2024 wurde am 18. Januar in einer sogenannten Haushaltsbereinigungssitzung verabschiedet. Der Knackpunkt des Haushalts bleibt für ver.di die Schuldenbremse. Statt Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz über Kredite zu finanzieren, wird stattdessen gekürzt und gestrichen. Diese Haushaltskürzungen gefährden aus ver.di-Sicht den notwendigen sozial-ökologischen Umbau der Wirtschaft. Der rot-grün-gelbe Haushaltskompromiss hat aus Sicht des ver.di-Vorsitzenden zudem eine harte soziale Schieflage. Statt höhere Ausgaben über höhere Steuern auf große Einkommen und Vermögen zu finanzieren, würden vor allem Menschen mit niedrigen Einkommen zur Kasse gebeten, eben durch steigende CO₂-Preise und in der Folge höhere Heiz- und Benzinkosten. ver.di bekräftigt deshalb ihre Kritik am Haushalt. „Der zentrale Fehler der Bundesregierung im Haushalt für 2024 ist es, die Kosten für Investitionen in die industrielle Transformation in den Regelhaushalt ­hineinzupressen. Das Resultat sind zweifelhafte Gegenfinanzierungen mit erheblicher sozialer Unwucht“, so Frank Werneke.

In letzter Minute konnte wegen verfassungsrechtlicher Bedenken noch der Plan gestoppt werden, in die Kassen der Bundesagentur für Arbeit zu greifen. Fest gehalten hat die Ampel-Koalition allerdings an der Verschärfung der Sanktionen für Bürgergeldempfänger*innen. ver.di übt auch daran scharfe Kritik, Leistungsempfängerinnen und -empfängern das Geld bis zu zwei Monate lang zu streichen, wenn sie wiederholt ein Jobangebot ablehnen. „Die Bundesregierung spart am falschen Ende, nämlich bei den Ärmsten. Wir verurteilen dieses Vorgehen scharf“, so Rebecca Liebig, für Sozial­politik zuständiges ver.di-Bundesvorstandsmitglied.

150 Millionen Euro wolle die Bundesregierung mit den verschärften Sank­tionen einsparen. „Dafür müsste es 150.000 bis 210.000 Totalverweigerer geben. Die gibt es aber nicht. Selbst die Bundesagentur für Arbeit geht davon aus, dass nur einige wenige Leistungsberechtigte von Bürgergeld eine zumutbare Arbeitsaufnahme beharrlich verweigern“, betont Liebig. red