Mehr Transparenz nötig

In Deutschland sollen annähernd drei Millionen Menschen in rund 70 000 Selbsthilfegruppen aktiv sein, schätzt das Robert-Koch-Institut. Lokale Gruppen informieren in Städten und Gemeinden über Krankheitsbilder. Die Landes- und Bundesverbände oder europäischen Dachorganisationen zu Krebs, Rheuma oder Diabetes haben weitreichenden Einfluss im Gesundheitswesen. Ihre medizinischen Beiräte kommentieren klinische Forschungen und empfehlen Therapiekonzepte. Sie werden im Gemeinsamen Bundesausschuss gehört, der festlegt, was in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufgenommen wird. Seit 2000 zahlen die Kassen annähernd vierzig Millionen Euro, um diese Arbeit zu ermöglichen.

Das aber reicht nach Meinung vieler Verbandsvertreter/innen nicht aus. Über Spenden und Sponsorenverträge mit Pharmaunternehmen wird der Haushalt aufgebessert. Die Unternehmen sind am direkten Patientenkontakt interessiert. Immerhin 30 Prozent des Umsatzes fließen ins Marketing für Medikamente. Neben Ärzten rücken so die Kranken ins Zentrum von Kommunikationsstrategien. Eine Studie der Pharmafirma Amgen zeigte, dass auch in Zeiten knapper Budgets Patient/innen mit festen Therapievorstellungen die entsprechenden Medikamente beim Arzt tatsächlich bekommen. Trotz Werbeverbots für verschreibungspflichtige Pharmaka hoffen die Firmen, ihre Produkte so "ohne Streuverluste", wie es der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie einmal nannte, in den Selbsthilfeorganisationen bekannt zu machen.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe, der über 100 Patientenorganisationen angehören, hat Leitsätze für die Kooperation mit Pharmaunternehmen verfasst, um Einflussnahmen von Firmen zu bändigen. Die Arzneimittelindustrie fordert lediglich zur "freiwilligen Selbstkontrolle" im Umgang mit Patientenorganisationen auf. Doch wirklich transparent wären die Verhältnisse erst mit einem "allgemein zugänglichen, öffentlichen Register", in dem sämtliche Kooperationsverträge und Geldflüsse dokumentiert sind. Das fordern unter anderen Gerd Glaeske, Arzneimittelexperte am Zentrum für Sozialpolitik an der Universität Bremen und die Arzneimittelkommission der Bundesärztekammer. ERIKA FEYERABEND

www.vdek.com/vertragspartner/Selbsthilfe/Ungleiche_Partner_bf.pdf