Alt-OB Georg Kronawitter über Großvermögen und soziale Ungerechtigkeit

Georg Kronawitter

Münchens Alt-Oberbürgermeister Georg Kronawitter hat eine Initiative zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer gestartet. Auch bei den Gewerkschaften findet er dafür viel Zustimmung. ver.di PUBLIK hat ihn zu den Hintergründen befragt.

ver.di PUBLIK | Kollege Kronawitter, auf deine Initiative hin hat der Parteitag der Münchner SPD einen Antrag zur Vermögenssteuer beschlossen. Warum brauchen wir eine Vermögenssteuer?

KRONAWITTER | Weil es unerträglich ist, dass Millionen von Menschen mit 345 Euro im Monat leben müssen, auch im teuren München, während die Vermögen geradezu explodieren (Deutsche Bank: 26 Prozent Eigenkapitalrendite!). Aber seit 1996 wird den Wohlhabenden auch noch die Vermögenssteuer geschenkt. Die besonders Vermögenden müssen endlich einen angemessenen Beitrag zur Lösung der Probleme unseres Landes leisten.

ver.di PUBLIK | Wer soll nach deinen Vorstellungen zur Vermögenssteuer herangezogen werden?

KRONAWITTER | Nur rund fünf Prozent der besonders Vermögenden an der Spitze unserer Gesellschaft. Und auch die nur mit ihrem Privatvermögen. Betriebsvermögen bleibt frei, damit die Wirtschaft nicht belastet wird.

ver.di PUBLIK | Wie hoch soll die Vermögenssteuer sein und wie viel soll sie insgesamt bringen?

KRONAWITTER | Die Privatvermögen sollen nach großen Freigrenzen mit einem Prozent belastet werden und die Steuer würde circa 12 bis 15 Milliarden Euro pro Jahr erbringen.

ver.di PUBLIK | Du bist jetzt 78 Jahre alt. Eigentlich könntest du dich zurücklehnen und dir ein schönes Leben machen. Trotzdem bist du weiter politisch aktiv. Warum?

KRONAWITTER | Ich könnte heute noch die Wände hoch gehen, wenn ich sehe, dass auch bei der Großen Koalition die kleinen Leute ausgepresst werden wie Zitronen und die großen Vermögensbesitzer geschont werden wie Rekonvaleszenten.

ver.di PUBLIK | Wenn du mit deiner Lebenserfahrung jungen Gewerkschaftern einen Rat geben solltest, was würdest du ihnen nahe legen?

KRONAWITTER | Erkanntes Unrecht nicht hinnehmen, aufbegehren und mit Mut und aller Kraft dagegen kämpfen bis mehr Gerechtigkeit durchgesetzt ist; denn von selbst ändert sich gar nichts.

INTERVIEW: HEINRICH BIRNER