Bei der ver.di-Jugend machen vom Banker bis zum Punker alle mit bei plakativen Aktionen, Berufsschul-, Betriebs- und Bildungsarbeit

Selten sitzen sie so ruhig da. Von links: Heidi Weise, Stefan Weidinger, Martina Wagner, Stefan Jagel

Der Jugendraum, in dem ich mich mit Stefan Weidinger, Vorstandsmitglied der ver.di-Jugend München, und Stefan Jagel, Vorsitzender des Bezirksjugendvorstandes, treffe, strahlt die Atmosphäre eines selbstverwalteten Jugendzentrums aus: Schreibtisch mit PC, über dem ein Regenbogenbanner hängt, Sofasitzecke, verrauchte Luft und ein Kommen und Gehen von Jugendlichen, die die nächste Flugblattaktion vorbreiten. Oder einfach nur so hereinschneien und sich dazusetzen. Von den beiden Stefans will ich etwas über die Arbeit der ver.di-Jugend erfahren.

Die Gesellschaft macht aufmüpfig

Wie sind sie zur Gewerkschaft ver.di gekommen? Stefan W. hat Kunstsiebdrucker gelernt und anschließend als Veranstalter in einem "städtischen Subventionier-Verein" gearbeitet, erzählt er. Berge von Überstunden hatten sich bei ihm und seinen Kollegen angehäuft. Es gab einen Betriebsrat, aber der sah seine Praxis nur in der Ausrichtung von Weihnachtsfeiern. Das war Stefan W. zu wenig und so entstand der Kontakt zu ver.di. Stefan J. berichtet, dass ihn "die klassische Schiene" zu ver.di geführt habe: "Die Gesellschaft zwingt mich dazu, aufmüpfig zu sein. In der Schule war ich Schülersprecher und habe Schülerstreiks organisiert, dann wurde ich Jugendvertreter in der Krankenpflege. Auch durch meine Familie bin ich gewerkschaftlich geprägt."

Beide sind begeisterte "ver.dianer" und schätzen den Einfluss, den sie als engagierte Mitglieder durch ihre Ehrenämter nehmen können. "So funktioniert wirkliche Basisdemokratie. Über die Einführung der Mindestlohnkampagne zum Beispiel, die von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) angestoßen wurde, mussten wir viel diskutieren, bevor diese überall in ver.di angenommen wurde", grinst Stefan W.

Gewerkschaft muss gestalten

Nach ihren Vorstellungen von einer idealen Gewerkschaft gefragt, fordern sie eine, die nicht nur reagiert, sondern die Gesellschaft aktiv gestaltet. Für die beiden steht dabei im Vordergrund, sich gegen den Abbau des Sozialstaates etwa durch Hartz IV, gegen die Privatisierung öffentlicher Bereiche und prekäre Arbeitsverhältnisse einzusetzen, denn diese Entwicklungen wirkten sich verheerend auf die Arbeits- und Ausbildungsbedingungen aus.

Die beiden Jugendvertreter belassen es aber nicht bei großen politischen Worten. Gemeinsam mit ihren Kolleg/innen setzen sie ihre Ideen auch in zahlreichen, auch öffentlich wirksamen Aktivitäten um. So arbeitet die ver.di-Jugend in München eng mit anderen Gruppen zusammen, wie beim Schwerpunktthema Antifaschismus mit dem ver.di-Arbeitskreis gegen Rechts. Besonderen Wert legen sie auf plakative Aktionen.

Ein Schwerpunktthema bei der Jugend: Antifaschismus

Hingucker sind wichtig

Beim Streik im öffentlichen Dienst schenkten sie Stoiber ihr "letztes Hemd", indem sie sich am Odeonsplatz auf offener Bühne ausgezogen haben. Solche Hingucker sind ihnen wichtig. Auch das "Camp for your Right" am Sendlingertorplatz im letzten Jahr fand viel Zuspruch und hat etliche Jugendliche zum Beitritt bewogen.

Neben den diversen politischen Aktionen liegt ein weiterer Schwerpunkt in der Betriebs- und Berufsschularbeit und im Bildungsbereich. Mitglieder des Bezirksjugendvorstandes besuchen Jugendversammlungen in Betrieben und Dienststellen. Gemeinsam veranstalten sie JAV-Empfänge und bieten ein breites Seminarspektrum an. Veranstaltungen zum Thema Antifa sind immer gut besucht, sagen die beiden Stefans, ansonsten ist der absolute Renner das Rhetorikseminar.

Die Vorstandsarbeit der ver.di-Jugend findet in offenen Sitzungen statt. Monatlich trifft sich der elfköpfige Vorstand. Regelmäßig kommen ungefähr noch mal so viele interessierte Jugendliche dazu und beteiligen sich aktiv, je nach ihren Interessen. Jede/r darf zum Meinungsbild beitragen. Auch zur dreitägigen Planungsklausur für dieses Jahr haben sich um die 20 Jugendliche angemeldet. Auf dem Plan stehen: Organizing, Sozialabbau, Übernahmesituation nach der Ausbildung, "Parken" von Jugendlichen in ausbildungsähnlichen Maßnahmen, die Teuerung der Ausbildung und des Studiums, die betriebliche Aktionswoche.

Unter einem Hut

Stefan J. möchte zum Abschluss noch unbedingt über das Miteinander in der ver.di-Jugend sprechen. "Wir sind eine ‚Knuddelgewerkschaft'", sagt er. "Wir gehen solidarisch miteinander um. Vom Banker bis zum Punker ist alles vertreten. Die Fluktuation ist hoch, aber es bewegt sich viel, und es kommen immer neue Leute hinzu. Diese unterschiedlichen Menschen bringt die ver.di-Jugend München unter einen Hut."

Mehr über die ver.di-Jugend München: www.verdi-jugend-muenchen.de